CERN-Chef: Higgs-Existenz bis Ende 2012 beweisbar

Genf (dpa) - Beim weltgrößten Teilchenbeschleuniger LHC am Cern steht ein Beweis für die Existenz oder Nichtexistenz neuer Teilchen - wie dem Higgs Boson - bald bevor. Davon ist der Direktor dieses Kernforschungszentrums in Genf, Rolf-Dieter Heuer, überzeugt.

„Ich lehne mich aus dem Fenster und prophezeie, dass wir bis Ende des nächsten Jahres genug Daten haben, um die Shakespeare-Frage des Higgs-Teilchens - Sein oder Nichtsein - zu beantworten“, sagte Heuer dem „Tages-Anzeiger“ aus Zürich (Dienstagausgabe). Ende 2012 werde feststehen, ob es existiert oder nicht. „Das kann ich behaupten, denn wir wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit dieses Teilchen produziert würde und mit welcher Effizienz die Detektoren es sehen würden.“

In 100 Meter Tiefe im Grenzgebiet zwischen der Schweiz und Frankreich beschleunigen die Teilchenphysiker des europäischen Kernforschungszentrums Protonen und Bleiatomkerne beinahe auf Lichtgeschwindigkeit. Mit großer Wucht prallen die Teilchen im 27 Kilometer langen Ringbeschleuniger, dem Large Hadron Collider (LHC), aufeinander. Seit März 2010 läuft der LHC stabil bei hoher Energie. Auf jeden Fall sei der LHC eine Entdeckungsmaschine, sagte Heuer. „In einem ersten Schritt hat der LHC die bekannte Physik bestätigt. Alle Elementarteilchen, die wir kennen, konnten wir bei dieser hohen Energie erzeugen, so, wie wir es erwarteten.“ Zwar sei somit bisher im ersten Betriebsjahr noch nichts Neues entdeckt worden. Die Forscher hätten aber erst einen Bruchteil der Daten, weniger als ein Promille, zur Verfügung.

Bisher hätten die Forscher erst ein Zehntel der nötigen Menge an Kollisionen geliefert, um die Higgs-Frage zu beantworten, sagte Heuer. „Das Higgs-Teilchen wäre eine große Entdeckung. Aber eine fast noch größere Entdeckung wäre seine Nichtentdeckung.“ Das Higgs-Teilchen gibt laut Heuer den anderen Teilchen ihre Masse. Es sei das letzte fehlende Puzzleteil. „Wenn dieser Grundbaustein aber nicht existiert, dann hätten wir 40 Jahre nach Einführung dieses schönen Modells zum ersten Mal einen echten Bruch entdeckt. Was bliebe, wäre ein großes Loch, und wir müssten etwas anderes finden, um es auszufüllen“, sagte der Wissenschaftler.