Forscher finden im Tierversuch möglichen Ansatz gegen Demenz
London/Berlin (dpa) - Forscher aus Berlin und Graz haben im Tierversuch einen möglichen Ansatz gegen Altersdemenz entdeckt: Das Essen polyaminreicher Nahrung kann demnach zumindest bei Fruchtfliegen helfen, den altersbedingten Erinnerungsverlust zu stoppen.
Polyamine sind für das Gewebewachstum wichtige Produkte des Zellstoffwechsels. Ob dieser Ansatz auch beim Menschen funktioniert, ist noch fraglich und muss in weiteren Studien untersucht werden.
„Die Konzentration des körpereigenen Polyamins Spermidin nimmt mit dem Alter sowohl bei Fliegen als auch beim Menschen ab“, erläuterte Stephan Sigrist von der Freien Universität Berlin. Bei alternden Fruchtfliegen, die mit Spermidin gefüttert wurden, konnte in Experimenten der Verlust des Erinnerungsvermögen gebremst werden, schreiben Sigrist und sein Kollege Frank Madeo (Universität Graz) in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals „Nature Neuroscience“.
In der Studie mussten sich die Fliegen zwischen zwei verschiedenen Gerüchen entscheiden und daran erinnern, dass einer der Gerüche mit einer negativen Folge - einem leichten Elektroschock - verbunden war.
„Einer der Hauptverdächtigen für die altersabhängige Demenz sind verklumpte Proteine, die sich in alten Gehirnen von Fliegen, Mäusen und Menschen vermehrt anreichern“, sagt Sigrist. Das körpereigene Molekül Spermidin löse jedoch den zellulären Reinigungsprozess der Autophagie aus. Autophagie räumt generell den zellulären Schrott, unter anderen auch Proteinaggregate, auf und führt sie dem zellulären Magen (Lysosomen) zu. „Das ist ein Effekt, der interessanterweise auch vom Fasten bekannt ist“, sagt Sigrist.
Spermidin wird von Körperzellen selbst produziert, es kommt aber auch in der Darmflora vor und wird durch Nahrung aufgenommen. Hohe Konzentrationen haben etwa Weizenkeimlinge oder auch bestimmte Produkte aus fermentierten Sojabohnen (Natto).
Die Forscher hoffen nun darauf, mit Spermidin als Nahrungsergänzung eines Tages vielleicht das Einsetzen einer Demenz auch beim Menschen hinauszögern zu können. „Schon eine geringfügige Verschiebung könnte für den einzelnen Patienten als auch für die Gesellschaft ein großer Schritt sein“, sagt Sigrist. „Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.“ Patientenstudien sollen nun folgen.