Hirn pädophiler Männer reagiert anders auf Kindergesichter
Kiel (dpa) - Pädophile Männer reagieren stärker auf Kindergesichter als andere. Dies kann man auch an der Hirnaktivität feststellen, wie eine Studie des Kieler Sexualforschers Jorge Ponseti ergab.
Ob mittels der Hirnreaktion eine objektive Diagnose der Pädophilie möglich sei, werde aber noch untersucht. Die Ergebnisse veröffentlichten Ponseti und Kollegen jetzt in den „Biology Letters“ der britischen Royal Society.
„Wir haben die Hirnaktivität von pädophilen Männern und gesunden Vergleichspersonen betrachtet, während diese sich Bilder von Gesichtern unterschiedlich alter Menschen angesehen haben“, sagte Ponseti vom Institut für Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum in Kiel. Die Forscher nutzten dafür die funktionelle Magnetresonanztomographie. Das Ergebnis: Pädophile zeigten mehr Aktivität in gesichtsverarbeitenden Hirnarealen, wenn sie Kindergesichter anschauten.
Bei gesunden Erwachsenen erhöht sich die Aktivität in dieser Hirnregion, wenn sie Gesichter von Menschen sehen, die zu ihrer sexuell bevorzugten Gruppe gehören, wie der Psychologe Ponseti sagte. Dies sei schon länger bekannt. „Wenn ich als heterosexueller Mann das Bild einer Frau sehe, dann wird mein gesichtsverarbeitendes Areal stärker aktiv, als wenn ich das Gesicht eines Mannes sehe.“ Jetzt konnten die Forscher ein analoges Muster bei Pädophilen feststellen.
„Offenbar haben menschliche Gehirne einen Mechanismus, mit dem sie das Alter einer Person am Gesicht einschätzen können und dementsprechend unterschiedliche Verhaltensprogramme aktivieren.“ Die Hirnaktivität sei bei Pädophilen in denselben Bereichen erhöht gewesen, wie bei den gesunden Männern, aber unter anderen Vorzeichen.
Ob mittels der Hirnreaktion auf Kindergesichter eine objektive Diagnose der Pädophilie möglich ist, wird derzeit am Institut untersucht. Der praktische Nutzen würde Ponseti zufolge vor allem in der Therapieplanung liegen. Denn nicht jeder, der ein Kind missbrauche, sei pädophil. Diese Diagnose treffe nur auf etwa die Hälfte der Ersttäter zu. Die anderen vergingen sich an Kindern, weil ihnen der Kontakt zu gleichaltrigen Sexualpartnern fehlte. Bei diesen Männern sehe die Therapie anders aus. Zu welcher Gruppe ein Täter gehöre, sei oft schwierig festzustellen. „Hier wird oft geschwindelt. Da ist eine objektive Messung hilfreich.“
Bereits vor gut zwei Jahren haben Kieler Wissenschaftler die Hirnaktivitäten von pädophilen und gesunden Männern gemessen. Damals haben sie Bilder von nackten Erwachsenen und Kindern gezeigt. Die automatisch generierte Zuordnungsgenauigkeit, ob jemand pädophil veranlagt sei oder nicht, habe bei rund 95 Prozent gelegen, sagte Ponseti. Diese Ergebnisse würden derzeit unter schwierigeren Bedingungen weiter getestet. Und auch die jetzt veröffentlichten Daten würden weiter hinsichtlich ihrer Robustheit überprüft.