Jubel nach Start von „Johannes Kepler“
Kourou/Moskau (dpa) - Erfolg beim zweiten Versuch: Mit vielen Tonnen Ausrüstung und Lebensmitteln ist der europäische Raumtransporter „Johannes Kepler“ zur Internationalen Raumstation ISS aufgebrochen.
Am Mittwochabend hob das Versorgungsschiff an Bord einer Ariane 5-Rakete auf dem Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ab. Für die europäische Trägerrakete war es der 200. Start. Zwei Kosmonauten der ISS absolvierten unterdessen einen Außeneinsatz in etwa 350 Kilometer Höhe und installierten Forschungssensoren.
Am Vortag hatte das Kontrollzentrum den Ariane-Start abbrechen müssen. Ein Sensor hatte plötzlich gemeldet, dass sich zu viel flüssiger Sauerstoff in den Tanks befindet. Später stellte sich nach Angaben der Betreibergesellschaft Arianespace heraus, dass ein Ventil an der Abschussrampe nicht richtig eingestellt gewesen war. Techniker konnten das Problem aber beheben.
Am Mittwoch klappte es dann im zweiten Anlauf. Kurz vor 23.00 Uhr deutscher Zeit machte sich die Rakete auf dem Weg ins All - mit der schwersten Last, die sie bislang befördert hat. Das unbemannte, in Bremen gebaute Versorgungsschiff vom Typ ATV kommt immerhin auf eine Länge von 10 Metern und wiegt rund 20 Tonnen.
Etwa eine Stunde nach dem Start setzte die Rakete ihre Fracht auf einer Höhe von 260 Kilometern ab. Der Transporter entfaltete seine vier Sonnensegel, die ihn auf seinem Flug zur ISS mit Strom versorgen. Voraussichtlich am 24. Februar soll er dort festmachen. Die Astronauten erwarten ihn schon gespannt: Mehr als sieben Tonnen Lebensmittel, Kleidung, Forschungsinstrumente und Post hat der Transporter geladen.
Mit dem Andocken steht dem Raumschiff das kniffeligste Manöver jedoch noch bevor. „Das muss man sich vorstellen, als würde ein Doppeldeckerbus bei einer Geschwindigkeit von 28 000 Kilometern pro Stunde an einem Fußballfeld großen Lastwagen ankuppeln, der auch noch schwingt“, erläuterte der Leiter des Bremer Astrium-Werks, Michael Menking. Die EADS-Raumfahrttochter baut den ATV.
Zentimeter für Zentimeter wird sich das Versorgungsschiff der ISS nähern. Lasersensoren steuern es zielgenau an den Andockpunkt heran. Von der Erde aus überwacht das Kontrollzentrum zwar den Vorgang, kann selbst aber nicht eingreifen. Die ISS-Besatzung kann diesen im Notfall über einen roten Knopf stoppen. Dann kehrt der ATV in eine sichere Entfernung zurück und beginnt den Anflug von neuem - alles automatisch, ohne menschliche Hilfe.
Diese Technologie macht den ATV nach Ansicht der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA zum modernsten Versorgungsschiff. „Das wird auch der Schlüssel für die Zukunft sein“, sagte die für bemannte Raumfahrt zuständige ESA-Direktorin, Simonetta Di Pippo. Die ISS sei nur der erste Schritt, auch bei der Erkundung von Mond und Mars könne diese Technologie zum Einsatz kommen.
Der nach dem deutschen Astronomen Johannes Kepler benannte Raumtransporter ist der zweite ATV. Sein Vorgänger „Jules Verne“ dockte im März 2008 an der Raumstation an. Allerdings handelte es sich bei ihn um einen Prototypen. Seinen Nachfolger haben die Ingenieure an vielen Stellen verbessert, unter anderem an der Schutzhülle und im Frachtraum. Bis 2015 sollen drei weitere europäische Versorgungsschiffe im Jahresabstand zur ISS fliegen.
Erfolgreich schlossen derweil zwei russische ISS-Besatzungsmitglieder den zweiten komplizierten Außeneinsatz binnen eines Monats ab. Dmitri Kondratjew und Oleg Skripotschka installierten während ihres knapp fünfstündigen Einsatzes im freien Weltraum unter anderem Sensoren zur Registrierung von Erdbeben und Blitzeinschlägen an das russische Modul „Swesda“, wie das Flugleitzentrum nahe Moskau am Mittwochabend mitteilte.
An der ISS bauten die Kosmonauten auch ein älteres Experiment zur Beschaffenheit von Baustoffen für Raumschiffe wieder ab. Proben sollen bald zur Auswertung zur Erde geschickt werden. Für Kondratjew war es der zweite Außeneinsatz, für Skripotschka sogar schon der dritte. Erst am 21. Januar hatten die beiden Kosmonauten in fünf Stunden und 23 Minuten unter anderem eine Kamera installiert, die Andockmanöver der russischen Sojus-Kapseln aufzeichnen kann.
Derzeit arbeiten außer Skripotschka und Kondratjew auch deren Landsmann Alexander Kaleri, die US-Astronauten Scott Kelly und Catherine Coleman sowie der Italiener Paolo Nespoli auf der ISS.