Total: Gas tritt oberhalb des Wasserspiegels aus

London (dpa) - Im Kampf gegen das Gasleck an einer Förderplattform in der Nordsee ist der Energiekonzern Total einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Das Leck wurde etwa 25 Meter oberhalb der Wasseroberfläche, auf der Plattform am Kopf der Bohrung lokalisiert.

„Wir kennen jetzt das Problem“, sagte ein Total-Sprecher am Donnerstag. Das Gas trete in die Luft aus und lege sich zum Teil als Kondensat auf der Meeresoberfläche ab.

Zur Lösung komme weiterhin eine Entlastungsbohrung oder das Verpressen des Bohrloches mit Schlamm in Betracht. „Wir verfolgen diese Optionen weiter parallel“, sagte er. Ob die Erkenntnis, dass das Leck nicht unterhalb des Meeresgrundes liegt, Vorteile bei möglichen Abdichtungsversuchen bringt, wollte Total am Donnerstag nicht bestätigen. Bislang ist die Plattform für Menschen gesperrt. Wegen einer weiter brennenden Flamme, mit der überschüssiges Gas in den Rohrsystemen abgefackelt wird, herrschte am Donnerstag nach wie vor Explosionsgefahr.

Die Auswirkungen für die Umwelt könnten geringer sein, als zunächst befürchtet. „Das Forschungsinstitut Marine Scotland beobachtet die Umweltauswirkungen weiterhin. Bisher sind sie minimal“, sagte der schottische Ministerpräsident Alex Salmond im Parlament in Edinburgh. Dennoch dürfe das Problem nicht heruntergespielt werden. Die Umweltorganisation Greenpeace und der walisische Biologe Christoph Gertler wiesen auf die klimaschädigende Wirkung von austretendem Gas aus. Diese sei ungefähr 20 mal größer als beim Klimakiller Kohlendioxid.

Im Vorgehen gegen eine mögliche Explosion auf der seit Sonntag evakuierten Plattform hat Total dank des günstigen Wetters Zeit gewonnen. Die Meteorologen sagen für die nächsten Tage stabile Windbedingungen voraus. Somit ist das Risiko, dass sich die Gaswolke an einer hoch über der Plattform lodernden Gasflamme entzünden kann, nach Meinung von Experten überschaubar. Gegenwärtig treibt der Wind das Gas in östliche Richtung von der Plattform weg. Das Abfackeln von Gas sei Teil der Sicherheitsstrategie und habe sich absolut bewährt, sagte eine Total-Sprecherin.

Unterdessen wurde das wirtschaftliche Ausmaß des Gaslecks für Total deutlicher. Das Unternehmen hatte nach dem Einbruch seines Aktienkurses zwischen sieben und neun Milliarden Euro Marktkapitalisierung verloren. „Das wirkt ein wenig hart“, sagte der britische Analyst Jason Kenney von der Bank Santander der dpa. Die tatsächlichen Belastungen infolge der Produktionsausfälle und Reparaturkosten dürften sich nach seiner Einschätzung auf 300 bis 800 Millionen Euro belaufen.

Total wies am Donnerstag darauf hin, dass selbst im Falle einer Explosion und einer totalen Zerstörung der Plattform keine weiteren Lecks entstehen würden. Vorsichtshalber seien zwei Feuerwehrschiffe zum Löschen in Stellung gebracht worden. Neben einem Überwachungsschiff mit Unterseetechnik sind dies die einzigen Schiffe, die in die Zwei-Meilen-Sperrzone gelassen werden.

Die über der Plattform lodernde Flamme werde in den nächsten Tagen vermutlich von selbst ausgehen, sobald nicht mehr genügend Gas in den Rohren ist, um sie zu speisen, sagte eine Total-Sprecherin am Donnerstag. Alternativ werde nach Wegen gesucht, sie zu löschen, sollte sie länger brennen.

Total geht davon aus, dass das aus dem Leck strömende Gas aus einer Gesteinsformationen in 4000 Metern Tiefe kommt und über der Wasseroberfläche austritt. Das Gas sei nicht giftig, hieß es vom Betreiber. Es sei schwer zu sagen, wie viel Gas noch freigesetzt werde, sagte der für die Total-Operationen in Großbritannien zuständige Sicherheitschef David Hainsworth. Auf seiner Internetseite gibt Total den Schwefelgehalt des im „Elgin“-Feld geförderten Gases mit weniger als 0,01 Prozent an.

Total hofft, dass die Quelle von alleine versiegt. „Das wäre der Königsweg“, sagte eine Sprecherin. Sollte dies nicht eintreten, müsse entweder eine Monate dauernde Entlastungsbohrung unternommen oder das Bohrloch von oben verstopft werden. „Wir haben externe Experten hinzugezogen, die wir unter Vertrag haben“, sagte die Total-Sprecherin. Eine Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen.

Unterdessen hat ein Überwachungsflug der Umweltschutzorganisation Greenpeace keine neuen Erkenntnisse gebracht. „Wir sind nicht nah genug herangekommen“, sagte Ölexperte Kai Britt von Greenpeace, der sich an Bord einer zweimotorigen Maschine auf den Weg zur Plattform gemacht hatte. Das Risiko einer Explosion hält der Greenpeace-Experte ähnlich wie auch britische Fachleute gegenwärtig für überschaubar.

„Der Wind treibt die Gaswolke von der Flamme weg“, sagte Britt. Das Wetter sei günstig. Auch die verbliebenen Arbeiter auf einer etwa vier Seemeilen (rund sieben Kilometer) entfernten Plattform des Energiekonzerns Shell seien nicht in konkreter Gefahr. Der jüngste Wetterbericht von Donnerstag bestätigte diese Sichtweise.