Umweltsatellit „Envisat“ bereits Weltraumschrott?

Paris (dpa) - Der größte europäische Erdbeobachtungssatellit „Envisat“ steht nach einem Totalausfall der Kommunikationssysteme vor dem Aus. Nach Angaben der Weltraumorganisation Esa sind bislang alle Versuche gescheitert, den Kontakt zu dem außer Kontrolle geratenen Hightech-Gerät wieder herzustellen.

Der Satellit befinde sich zwar stabil auf seiner Umlaufbahn, reagiere seit Sonntag aber nicht auf Befehle, erklärte der zuständige Esa-Direktor Volker Liebig am Freitag in einer Telefonkonferenz. „Wir bekommen derzeit keinerlei Daten.“

Über die Ursache des Kontaktabbruchs kann nach Esa-Angaben derzeit nur spekuliert werden. Eventuell gebe es Probleme bei der Stromversorgung der Plattform oder des Datenverarbeitungssystems, hieß es. Eine Beschädigung - etwa durch den Aufprall von Weltraumschrott - wird nach Auswertung erster Radarbilder derzeit ausgeschlossen. Am Sonntag soll ein französischer Satellit weitere hochauflösende Bilder von „Envisat“ machen. Es gebe internationale Unterstützung zur Rettung von „Envisat“, sagte Liebig. Die Esa habe den Satelliten noch nicht aufgegeben.

Der 8,2 Tonnen schwere Satellit war am 1. März 2002 von einer Ariane-5-Rakete auf eine polare Umlaufbahn in 800 Kilometern Höhe gebracht worden. Seitdem hat er mehr als 52 000 Mal die Erde umrundet. Weil er wichtige Daten zu Klimawandel und Umweltverschmutzung lieferte, wird er auch als „Öko-Polizist im Weltraum“ bezeichnet. Die zehn Instrumente „Envisats“ sammeln unter anderem Daten über die Land- und Eismassen, Ozeane und die Atmosphäre. Zusammen mit Daten der „Ers“-Erdbeobachtungs-Missionen hat „Envisat“ präzise Analysen zum Klimawandel der letzten 20 Jahre ermöglicht.

Sollte der Satellit nicht mehr reaktiviert werden können, muss die Wissenschaft um zahlreiche Forschungsprojekte bangen. Die Nachfolge-Mission „Sentinel“ wird nach Angaben der Europäischen Weltraumorganisation frühestens im zweiten Halbjahr 2013 starten können. Mindestens bis dahin wären etliche Daten nicht mehr verfügbar. Für die Satellitenbauer kommt das Aus allerdings nicht gänzlich unerwartet: Sie hatten für „Envisat“ lediglich eine Lebensdauer von fünf Jahren garantiert.