Forum Flughäfen in NRW Zahl der Abschiebungen steigt stark an

Allein am Flughafen Düsseldorf hat sich die Zahl der Rückführungen im vergangenen Jahr auf 3656 Menschen verdoppelt. Weiterer Anstieg erwartet.

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Düsseldorf. Die Zahl der Abschiebungen aus Nordrhein-Westfalen ist stark angestiegen. Das berichtete gestern Burkhard Schnieder, Abteilungsleiter des NRW-Innenministeriums, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2015 der Abschiebungsbeobachtung. Demnach wurden im Vorjahr 4395 Personen „rückgeführt“, wie es im Amtsjargon heißt, 2014 waren es 2929. In diesem Jahr wurden alleine bis Ende März schon 1324 Menschen abgeschoben.

Grund sind unter anderem die schnelleren Asylentscheidungen der Behörden. Und: „Zur Zeit ist der Druck abzuschieben enorm hoch“, sagte der evangelische Kirchenrat Rafael Nikodemus. Er ist Moderator des „Forums Flughäfen in NRW“. Betroffen sind Menschen, die aus sicheren Herkunftsländern stammen. Mehr als 8200 Menschen seien zudem freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt und dabei vom Land unterstützt worden.

Die meisten Abschiebungen werden über den Düsseldorfer Flughafen abgewickelt. 2015 mussten 3656 Menschen ausreisen, 2014 waren es 1844. Über den Flughafen Köln/Bonn waren es nur 46 Personen. Die Zieladressen: Meist der Kosovo, Serbien, Albanien und Mazedonien. Aber auch Aserbaidschan, Georgien und Armenien werden mittlerweile angeflogen. Darüber hinaus sollen bald noch weitere Länder zu sicheren Herkunftsländern deklariert werden. Welche ist laut Bundespolizei noch nicht beschlossen.

„Die Kosten für die Abschiebungen muss das Land NRW tragen“, erklärte Schnieder. Und die Preisspanne kann gewaltig sein. Wenn zum Beispiel ein Charterflug — wie jüngst geschehen — mit rund 100 Menschen an Bord abhebt, betragen die Kosten pro Person laut Schnieder 500 Euro. Wenn aber ein Schwerverbrecher nach seiner Haftentlassung abgeschoben wird, kann durchaus ein Learjet vonnöten sein. „Dann sind wir bei 20 000 Euro pro Passagier“, sagte Schnieder. Wie häufig das vorkommt, wusste er nicht zu berichten. Wohl aber, dass bei 100 Abschiebungsfällen durchschnittlich ein oder zwei problematische Rückführungen dabei sind.

Dalia Höhne, seit Mai 2012 Abschiebungsbeobachterin in NRW für die Diakonie Rheinland Westfalen-Lippe, bezeichnete die Zusammenarbeit im „Forum Flughäfen NRW“ als gut, wünschte sich allerdings eine breitere personelle Ausstattung und mehr Informationen im Vorfeld von Abschiebungen. Die 34-Jährige ist stichprobenweise bei Abschiebungen dabei und hat die Aufgabe, als neutrale Beobachterin den Vorgang und Vollzug transparent zu machen. „Es darf keine Abschiebung um jeden Preis geben“, sagte sie und ist damit sowohl mit der Bundespolizei als auch mit dem NRW-Innenministerium einer Meinung.

2015 war Höhne bei 224 Abschiebungen vor Ort. Sie bescheinigte den Behörden, „keine unverhältnismäßig grobe Behandlung der Menschen“ beobachtet zu haben. Allerdings endet ihre Mitarbeit „an der Flugzeugtür“. Sie forderte, dass die Dauer der Beobachtung verlängert werden soll. Es habe Berichte Betroffener gegeben, die sich darüber beklagt hätten, dass sie schon bei der Abholung aus ihren Unterkünften oder eben erst während der Flüge grob behandelt worden seien.

Mit Sorge verfolgt die Kirche zudem Abschiebungen von Kranken und Familientrennungen. Höhne: „Es kommt immer wieder vor, dass psychisch Erkrankte und selbst suizidgefährdete Personen abgeschoben werden.“ In Einzelfällen habe es sogar Abschiebungen direkt aus dem Krankenhaus gegeben. Zwar müsse ein Arzt eine Flugtauglichkeitsbescheinigung ausstellen, doch diese werde oftmals nicht von Fachärzten unterschrieben. Auch den Flug begleitende Ärzte verfügen häufig laut Höhne „nicht über spezifische fachliche Qualifizierungen“.