Zitronensaft-Fall geht in neue Runde

Klinikskandal: Bundesgerichtshof hebt Verurteilung von Ex-Chefarzt auf.

Wegberg/Karlsruhe. Der Wegberger „Zitronensaft-Fall“, wie ihn selbst der Bundesgerichtshof in seiner Presseerklärung nennt, geht in die nächste Runde: Das Karlsruher Gericht hat die Verurteilung des ehemaligen Chefarztes und Geschäftsführers der Wegberger St. Antonius-Klinik aufgehoben. Dieser hatte die Wunde einer operierten und später verstorbenen 80-jährigen Patientin mit Zitronensaft behandelt.

Das Landgericht Mönchengladbach hatte den Mediziner im Januar wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einem Jahr und drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Die Argumentation der Gladbacher Richter: Die Patientin hätte vor der Operation darüber aufgeklärt werden müssen, dass der Arzt zur Behandlung einer nach der Operation eventuell auftretenden Wundinfektion auch Zitronensaft verwenden würde. Nachdem bei der Patientin tatsächlich eine massive Wundheilungsstörung aufgetreten war, nahm der Arzt eine zweite Operation vor und brachte — neben dem Einsatz herkömmlicher Medikamente — mehrfach Zitronensaft in die Wunde ein. Die Patientin starb rund zwei Wochen nach dem ersten Eingriff an den Folgen der Wundinfektion. Dass die Verwendung des Zitronensaftes, den Helferinnen in der Stationsküche ausgepresst hatten, hierfür mitursächlich geworden wäre, hatte das Landgericht allerdings nicht feststellen können.

Der BGH wirft den Kollegen vom Mönchengladbacher Landgericht vor, dass sie zu ihrer Verurteilung gekommen sind, obgleich sie doch „keinen hinreichenden Anhalt dafür gefunden hatten, dass der Einsatz des Zitronensaftes in irgendeiner Form mitursächlich für den Tod der Patientin geworden wäre“.

Darum hob der Bundesgerichtshof jetzt dieses Urteil auf. Dennoch ist der Arzt damit noch nicht aus dem Schneider. Ihm könne durchaus ein Behandlungsfehler unterlaufen sein, meinen die höchsten Richter: „Eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge erscheint noch möglich“. Daher muss sich das Gladbacher Landgericht noch einmal mit dem Fall befassen. Und: Der frühere Chefarzt muss sich in einem zweiten Prozess wegen des Vorwurfs der Körperverletzung 17 weiterer Patienten verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, für den Tod von sieben Patienten verantwortlich zu sein. Er habe aus Profitstreben den Patienten gesunde Organe entnommen und an teuren Medikamenten gespart.