Zu Fuß von Buer nach Kalkutta
Marcel und Marlon Stawinoga sind von Gelsenkirchen nach Indien gelaufen. Und haben bleibende Eindrücke gesammelt.
Gelsenkirchen. Sie waren dann mal weg — Marcel und Marlon Stawinoga packten ihre Rucksäcke und wanderten nach Kalkutta (Indien). Der Zooführer Marcel (26) kündigte Job und Wohnung, Abiturient Marlon (21) suchte die Freiheit vor dem Studium. Im vergangenen April machten sich die Brüder in Gelsenkirchen auf die 7500 Kilometer lange Reise — 3000 davon gingen sie zu Fuß. Mit jeweils etwa 30 Kilo Gepäck auf dem Rücken hatten sie nur das Wichtigste dabei.
Warum ausgerechnet zu Fuß? „Warum denn nicht? Wir haben doch alle Zeit der Welt“, schreiben sie auf ihrer Internetseite.
Nun sind sie wieder da. Ihre Bärte sind dichter geworden, die blonden Haare länger. Nicht überall war der Empfang herzlich: In Bulgarien sprang ein Mann aus einem Auto und bedrohte Marcel mit einer Pistole. In der Türkei wurden die Wanderer von Kindern mit einem Steinhagel empfangen.
Aber auch die Naturgewalten spielten ihnen mit. Ein Gewitter wie in Bulgarien hatten die Brüder noch nie erlebt: „Da hatte ich schon Angst um mein Leben“, gibt Marlon zu. 25 bis 40 Kilometer am Tag kamen sie voran. Die Füße hatten schnell eine schützende Hornhaut gebildet, Fettpolster verwandelten sich in Muskeln und anfängliche Schmerzen in den Schultern ließen bald nach.
Nach vier Millionen Schritten auf dem Schrittzähler war aber zunächst Schluss mit dem Wandern: An der Grenze zum Iran stiegen sie auf das Auto und den Flieger um. Zelten war dort zu gefährlich. Das Flugzeug brachte die Brüder von Teheran nach Indien.
Was als Eindruck hängenblieb, war die Gastfreundschaft: Ständig luden fremde Menschen sie zum Tee oder Essen ein. „Die Gastfreundschaft zog sich wie ein roter Faden durch unsere Reise“, erzählt Marcel.
Trotz Hotel- und Flugkosten lebten die Brüder acht Monate lang von insgesamt 3000 Euro. Bleibende Eindrücke hinterließ der nordindische Pilgerort Varanasi am Fluss Ganges. Dorthin kommen gläubige Hindus zum Sterben, ihre Asche wird dem Fluss übergeben. Müll, Menschenmassen und verbrannte Leichen waren aber bald zu viel für die Brüder.
So waren sie auch ein bisschen froh, als sie zurück ins Ruhrgebiet flogen. Was Luxus ist, haben Marcel und Marlon neu gelernt: „Filterkaffee, mal ‘ne Pommes, eine warme Dusche oder auch ein Bett.“