16.000 Risse in belgischen Atommeilern
Die Aufsichtsbehörde räumt ein, dass Schäden weitaus größer sind als bisher angenommen. Anlagen sind außer Betrieb.
Lüttich/Aachen. Die Risse in den Druckbehältern der belgischen Atomreaktoren Doel 3 bei Antwerpen und Tihange 2 bei Lüttich sind offenbar weitaus größer als bislang angenommen. Das geht aus neuen Zahlen hervor, die die belgische Atomaufsicht dem Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie zur Verfügung gestellt hat und die unserer Zeitung vorliegen. Demnach gibt die Behörde die maximale Länge der Defekte nun mit neun Zentimetern in Doel sowie mit 6,1 Zentimetern in Tihange an. Bislang war von maximal 2,4 Zentimetern die Rede. Auch die durchschnittliche Länge hat sich auf 1,6 Zentimeter erhöht.
Die Risse in den Behältern, welche die Brennelemente beherbergen, waren erstmals 2012 festgestellt worden. Bei einer erneuten Untersuchung im vergangenen Jahr waren noch mehr Risse gefunden worden. Die konkreten Zahlen von 3149 (Tihange) und 13 047 (Doel) hatte die Atomaufsicht erst vor wenigen Tagen genannt.
Sowohl die Behörde als auch der Betreiber Electrabel meinen, dass die Risse bei der Herstellung der Stahlbehälter in den 70er Jahren entstanden sind und keinen Einfluss auf die Stabilität der Behälter haben. Deshalb hatten sie die Reaktoren schnell wieder ans Netz gebracht, bevor sie im März 2014 erneut heruntergefahren wurden. Im Juli 2015 soll der Betrieb weitergehen. Kritiker halten es für wahrscheinlicher, dass die Risse im laufenden Betrieb entstanden sind. Sie fordern eine Stilllegung der Reaktoren.
Das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie zeigte sich schockiert. „Mit jeder neuen Meldung der Atomaufsicht wird deutlicher, welch großem Risiko wir bewusst ausgesetzt wurden“, so Sprecher Jörg Schellenberg. „So verantwortungslos darf sich eine Atomaufsicht nicht verhalten.“