Tierheime in Geldnot streiten mit Kommunen

Jedes zweite Tierheim stecke finanziell in der Klemme, heißt es vom Deutschen Tierschutzbund. Neben rückläufigen Spenden sehen die Tierschützer eine Teilschuld bei den Kommunen. Doch die sind anderer Ansicht.

Foto: Oliver Berg

Köln. Jeff springt wild in seinem Käfig umher und stimmt in das laute Gebell rundherum ein. Vor einem halben Jahr hat ein Mann den Mischlingshund im Tierheim in Köln-Zollstock abgegeben, gefunden im Park.

Rund 300 Tiere wohnen durchschnittlich im Konrad-Adenauer-Tierheim - aber wie lange noch? Den Betreibern geht das Geld aus. „Wenn das so weitergeht, ist unser Heim in zwei bis drei Jahren am Ende“, sagt Silke Schmitz vom „Kölner Tierschutzverein von 1868“.

Kein Einzelfall, meint der Deutsche Tierschutzbund in Bonn. Etwa jedes zweite Tierheim stehe vor der Insolvenz. Ein Grund sei der Rückgang von Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Sponsoring, sagt Marius Tünte, Sprecher des Tierschutzbundes, dem über die Ortsvereine bundesweit rund 500 Tierheime angeschlossen sind. Seitdem diese Einnahmen im Zuge der Wirtschaftskrise 2008 eingebrochen seien, hätten sie sich nicht mehr erholt. Gleichzeitig steige aber die Zahl der Tiere, die aus finanziellen Gründen in Heimen abgegeben würden. Außerdem blieben die Tiere durchschnittlich immer länger dort, so dass die Kosten dramatisch stiegen.

Der Betrieb des Konrad-Adenauer-Tierheims zum Beispiel kostet nach Angaben von Schmitz pro Jahr etwa 800 000 Euro - „und unsere Rücklagen schrumpfen dramatisch“. Ein großes Problem ist die aus Sicht der Tierschützer unzureichende Finanzierung durch die Kommunen. Diese erstatten den Heimen für die Fundtiere, die dort abgegeben werden, in der Regel einen bestimmten Betrag, der von Stadt zu Stadt verschieden ist. Die Stadt Köln zum Beispiel zahlt für eine abgegebene Katze eine Pauschale von 100 Euro, für einen Hund 200 Euro - das sei schnell aufgebraucht, sagt Schmitz.

Doch wie die meisten Städte muss auch Köln sparen. „Aber wir sind zu Gesprächen bereit“, sagt eine Sprecherin. Jedoch habe die Stadt mit mehreren Tierheimen einen Vertrag, jegliche Änderungen müssten somit für alle gelten. „Dafür müssten die Tierheime mit ihren unterschiedlichen Strukturen erst mal an einem Strang ziehen.“ Und das sei wohl nicht so einfach. „Die Heime sind praktisch ein Fundbüro und übernehmen somit eine kommunale Aufgabe, für die die Kommunen aber nicht zahlen wollen“, kritisiert Ralf Unna, Heim-Tierarzt in Köln-Zollstock und Vizepräsident des Landestierschutzverbands Nordrhein-Westfalen.

Tierschutzbund-Sprecher Tünte rechnet vor: Die Unterbringung eines Hundes koste pro Tag im Schnitt 21 Euro, eine Katze schlage mit 10 Euro zu Buche. Doch von den Kommunen werde durchschnittlich nur etwa ein Viertel der tatsächlichen Aufwendungen für Fundtiere abgedeckt. Die Städte sehen das anders. „Fundtiere sind nur Tiere, die tatsächlich verloren gegangen sind“, betont Anne Wellmann, Referentin für Ordnungsrecht beim Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen. „Weder ausgesetzte noch herrenlose Tiere wie streunende Katzen fallen darunter.“ Sich um diese Tiere zu kümmern, sei deshalb keine kommunale Aufgabe, sondern eine des Tierschutzes.

Somit drehe sich der Streit im Grunde um die Frage, was ein Fundtier ist und was nicht. „Es gibt hier eine Grauzone, die gesetzlich nicht klar geregelt ist“, bedauert Wellmann. Entsprechend unterschiedlich sind die Vereinbarungen, die die einzelnen Städte mit den Tierheimen geschlossen haben. „Da gibt es einen Flickenteppich von „recht gut“ bis „ganz schlecht““, sagt Tünte. „Wir wünschen uns eine bundeseinheitliche Regelung, die zumindest einen vernünftigen Rahmen festlegt, innerhalb dessen sich die Erstattung durch die Kommunen bewegen muss.“ Auch der Städtebund spricht sich für einheitliche Rahmenbedingungen aus.