Ära Gaddafi geht zu Ende — Diktator auf der Flucht?
Erstmals heftige Kämpfe um die Hauptstadt Tripolis. Schwere Verluste auf beiden Seiten.
Tripolis. Die Entscheidungsschlacht um Tripolis hat begonnen. Nach nächtlichen Kämpfen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen gab es gestern in mehreren Stadtvierteln heftige Gefechte.
Der bedrängte Machthaber Muammar al-Gaddafi soll die Hauptstadt angeblich in Richtung algerische Grenze verlassen haben. Aus gut informierten Kreisen verlautete, er halte sich mit seiner Familie in einer Region unweit der Grenze auf und werde vom Al-Orban-Stamm beschützt.
Eine Bestätigung für die Nachricht von der Flucht Gaddafis aus Tripolis gab es zunächst aber nicht. Bestätigt wurde hingegen, dass sich der ehemals enge Vertraute des Machthabers, Abdulsalam Dschallud, in Italien befindet. Dschallud war früher libyscher Regierungschef und die Nummer zwei des Regimes.
Augenzeugen berichteten, gestern hätten die Rebellen in Tripolis den internationalen Verkehrsflughafen eingenommen sowie den Militärflughafen Mitiga. Auch das große Viertel Souk al-Dschumaa werde inzwischen von den Rebellen beherrscht.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) rief Gaddafi auf, die Macht schnell abzugeben. „Es wäre gut, wenn er möglichst schnell aufgibt, um Blutvergießen zu vermeiden.“
Das libysche Fernsehen hatte eine vorab aufgezeichnete Rede von Gaddafis Sohn Seif al-Islam ausgestrahlt. Darin sagte dieser, es sei ausgeschlossen, dass er und sein Vater das Land verlassen würden. Die europäischen Länder bezichtigte er, hinter dem libyschen Öl her zu sein.
Der arabische TV-Sender Al Arabija berichtete, die Aufständischen hätten Dutzende Soldaten Gaddafis gefangen genommen. Die Nato hatte ihre Kampfeinsätze stark auf Tripolis konzentriert.
Beamte der Bundespolizei-Eliteeinheit GSG 9 sind laut „Spiegel“ in Libyen im Einsatz. Die Polizisten seien in die Rebellen-Hochburg Bengasi entsandt worden, um dort den Schutz des deutschen Verbindungsbüros sicherzustellen. dpa/Red