Interview Alexander Graf Lambsdorff: „Bundeswehr nicht im Schaufenster anbieten“

Berlin · FDP-Außenpolitiker Graf Lambsdorff spricht im Interview über Libyen und deutsche Militäreinsätze.

Alexander Graf Lambsdorff (FDP) lobt die stärkere diplomatische Rolle Deutschlands.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Nach der Libyen-Konferenz am Sonntag wird über eine mögliche deutsche Beteiligung an der Überwachung des Abkommens diskutiert.

Herr Graf Lambsdorff, wie bewerten Sie das Ergebnis der Libyen-Konferenz?

Alexander Graf Lambsdorff: Das Abschlussdokument ist ein Erfolg. Wenn es jetzt auch beachtet würde, wäre das ein Fortschritt für Libyen. Und auch für Europa.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass sich Russland, die Türkei, Frankreich und andere an das versprochene Waffenembargo halten werden?

Graf Lambsdorff: Ich bin mir jedenfalls nicht hundertprozentig sicher, dass die Unterschriften unter das Dokument alle so ernst gemeint sind, wie das in den Verlautbarungen klang. Die objektive Interessenlage vieler Beteiligter lässt zumindest die Vermutung zu, dass sie ein instabiles Libyen einem stabilen vorziehen würden. Das gilt auch für viele der Milizen, die im Land unterwegs sind.

Das Waffenembargo müsste mit einer neuen Marinemission überwacht werden. Stellt sich da wieder die Frage der Seenotrettung?

Graf Lambsdorff: Wenn Schiffbrüchige entdeckt werden, muss man sie retten. Das ist Völkerrecht und gilt auch für Marineschiffe. Ich gehe davon aus, dass die EU-Außenminister darüber bereits sprechen. Es könnte sein, dass die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge dann wieder steigt. Wegen des Winterwetters sind zurzeit allerdings weniger Menschen auf dem Meer unterwegs als im Sommer.

Deutschland hat den Prozess moderiert. Kann es sich militärisch raushalten, wenn es darum geht, ihn umzusetzen?

Graf Lambsdorff: Wir sind als FDP nicht prinzipiell gegen einen deutschen Beitrag im Rahmen einer UN- oder EU-Mission. Es wäre aber falsch, die Bundeswehr regelrecht ins Schaufenster  zu stellen und anzubieten, wie Frau Kramp-Karrenbauer es getan hat. Bevor wir unsere Bodentruppen da reinschicken, muss ein politischer Prozess laufen, der die Risiken minimiert. In Libyen sind Waffen allgegenwärtig und Milizen geben Jugendlichen dort zum Teil gleichzeitig Drogen und Waffen. Außerdem muss vor einem Einsatz klar sein, ob die Truppe das überhaupt stemmen kann.

Als führender Außenpolitiker der Oppositionspartei FDP müssen Sie Kritik üben. Diesmal nicht?

Graf Lambsdorff: Die Konferenz war eine gute Sache. Aber das Problem der Abschlusserklärung ist die dort durchgehend verfolgte Idee, Libyen könne von Tripolis aus wie ein Zentralstaat regiert werden. Das Land ist mindestens in drei Teile gespalten. Die Abschlusserklärung reflektiert die verschiedenen regionalen Interessen nicht genügend. Dass Deutschland eine stärkere diplomatische Rolle einnimmt, finden wir gut. Das ist auch unser Ziel. Allerdings ist das Auswärtige Amt derzeit dafür viel zu schlecht finanziert und ausgestattet. Wenn die Bundesregierung das ändern wollte, würde sie sofort unsere Unterstützung finden.