Analyse: Der langsame Aufstieg der Migranten-Kinder

Schüler aus Zuwanderer-Familien machen seltener hohe Schulabschlüsse. Doch seit einigen Jahren holen sie auf.

Berlin. Der 615 Seiten umfassende Band wiegt fast zwei Kilo: Der achte Bericht der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer, ist eine Fleißarbeit, die die Lage von Ausländern in Deutschland detailliert darlegt.

Das Urteil der CDU-Politikerin offenbart einen Zwiespalt: Einerseits sagt sie, die Integration gewinne "an Fahrt”. Andererseits nennt sie die Lage der Migranten "dramatisch”. Man könne mit dem Erreichten "nicht zufrieden” sein. Großbaustellen sieht sie vor allem im Bildungssektor und auf dem Arbeitsmarkt.

Die statistische Ausgangslage: In Deutschland lebten 2008 etwa 82 Millionen Menschen. Fast 16 Millionen kommen aus Einwandererfamilien. Mehr als ein Drittel der Kinder unter fünf Jahren hat einen Migrationshintergrund. In einigen Großstädten schwillt der Anteil auf zwei Drittel an. Der Bericht stellt fest, dass im Schul- und Bildungssystem ausländische Kinder häufig benachteiligt werden. Migranten-Jugendliche sind auf Gymnasien unterrepräsentiert. Aber richtig ist auch, dass es bei der mittleren Reife und dem Abitur einen langsamen aber stetigen Anstieg gibt.

Überproportional viele Kinder aus Zuwandererfamilien haben einen Hauptschulabschluss. 13 Prozent der Migranten schaffen keinen Abschluss - das ist das Doppelte der Quote unter deutschen Abgängern. Schlimm ist die Lage bei der Berufsausbildung: Während Deutsche nach drei Monaten eine Ausbildungsstelle bekommen, warten Migranten durchschnittlich 17 Monate.

44 Prozent der ausländischen jungen Frauen haben überhaupt keine Ausbildung. Andererseits machen sich 11,5 Prozent der Migranten selbstständig. Ein beliebtes Klischee lautet, dass Migranten verstärkt zu Kriminalität neigen. Der Bericht widerlegt die Annahme jedoch: Vor 17 Jahren betrug der Anteil nicht-deutscher Krimineller noch 33,6 Prozent, 2008 lag er bei 21 Prozent. Das entspricht einem Rückgang um 40 Prozent. In der Fein-Differenzierung kommt der Bericht zu dem Schluss, dass Ausländer mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus nicht häufiger kriminell werden als Einheimische.

Weitere Erkenntnisse des Reports: In Deutschland leben zwischen 200.000 und 460.000 illegale Ausländer.