Analyse: Der „Todeswunsch“ der britischen Labour-Party

Eine Revolte gegen Premier Gordon Brown ist offensichtlich vorerst abgewendet.

London. Die Stimmung in der Downing Street mag auf das selbe Niveau gesunken sein, wie die Temperatur draußen vor der Tür: unter den Gefrierpunkt.

Nach der Weihnachtspause wollte der britische Premierminister Gordon Brown eigentlich frisch in das Wahljahr starten - doch prompt missglückte der Auftakt. Zwei ehemalige Regierungsmitglieder forderten am Mittwoch die Labour-Abgeordneten auf, über Brown an der Parteispitze abzustimmen.

Der Geist einer Rebellion, den Brown im vergangenen Jahr nur mit Müh und Not bekämpfen konnte, war wenige Monate vor der Parlamentswahl wieder da. Die Autorität des Premiers hat einen weiteren Kratzer bekommen.

Einen schlechteren Zeitpunkt hätten sich die beiden Rebellen für ihren Putschversuch kaum aussuchen können. Gerade hatte sich die Regierung nach der Krise vom Sommer des Jahres 2009 wieder aufgerappelt - Labour liegt in Umfragen zwar immer noch weit abgeschlagen hinter den Konservativen, doch zumindest sanken die Werte zuletzt nicht mehr im Sturzflug.

Spätestens Anfang Juni muss gewählt werden. Und eine zerstrittene Partei hinterlässt beim Wähler keinen guten Eindruck. Eine "monumentale Ablenkung" nannte Wirtschaftsminister Peter Mandelson die Aufregung. Der Labour-Abgeordnete John McFall sprach gar von einem "Todeswunsch" der Partei.

In der Tat sah alles nach einer überstürzten Aktion aus. Wie eine Bombe ins winterliche London platzte die Nachricht von dem Brief, den Ex-Verteidigungsminister Geoff Hoon und die Ex-Gesundheitsministerin Patricia Hewitt an ihre Parteikollegen geschrieben hatten.

Darin forderten sie, die Querelen um Brown "ein für alle Mal" zu beenden. Eine geheime Abstimmung könne Klarheit bringen, ob Brown die Partei in die kommende Wahl führen soll oder nicht, so der Plan.

Zwar versammelten sich sogleich altbekannte Brown-Kritiker hinter den beiden. Doch die einflussreichen Köpfe der Partei wie Mandelson oder Außenminister David Miliband gaben dem Premier - wenn auch erst nach mehreren Stunden - Rückendeckung.

Der Rebellion fehlten somit die nötigen Rebellen. "Hewitt und Hoon haben wohl gedacht, sie haben eine Atombombe geworfen. Aber das Ganze wird sich eher als Handgranate erweisen, die nicht zündet", lästerte Europas Staatssekretär Chris Bryant.