Analyse: Ein Rückschlag für die Aussöhnung auf Zypern

An eine Wiedervereinigung der Insel ist nach dem Sieg von Dervis Eroglu kaum zu denken.

Istanbul/Athen. Auch Gegenwind aus der türkischen Mutterrepublik hat den Hardliner Dervis Eroglu bei der Präsidentenwahl im Norden Zyperns nicht gestoppt. Mit seinem Wahlsieg schon in der ersten Runde droht den Verhandlungen über eine Wiedervereinigung der Mittelmeerinsel ein schwerer Rückschlag, erwarten griechische Zyprer, internationale Vermittler und auch Experten in Ankara.

Eroglu ließ sich noch Sonntagnacht von seinen Anhängern feiern. Er bestreitet, die Verhandlungen abbrechen zu wollen, denn die türkischen Zyprer litten sehr unter der internationale Blockade und wollten eine Lösung des Problems. Doch sein Verhandlungsziel lässt eine Einigung unmöglich erscheinen. "Das Abkommen wird eine Partnerschaft aus zwei souveränen Staaten begründen", fordert er.

Eroglus Vorgänger Mehmet Ali Talat suchte seit September 2008 mit dem Präsidenten der Republik Zypern, Dimitris Christofias, nach einer Formel für die Wiedervereinigung. Im Grundsatz waren sich die beiden einig. In einer Bundesrepublik aus zwei Ländern sollten griechische und türkische Zyprer zusammenleben. Der Durchbruch scheiterte vor allem an der zentralen Sicherheitsfrage: Wer soll Garantiemacht sein?

Kommentatoren auf Zypern erwarten, dass beide Seiten in künftigen Gesprächen nicht mehr vom Fleck kommen. Die Aussichten seien düster, schreibt das liberale Traditionsblatt "Phileleftheros". Eroglu verdanke seinen Sieg "den Stimmen des alten Regimes". Er habe die Unterstützung von Siedlern aus Anatolien, die die Angst haben, Talat könnte eine Lösung unterzeichnen, bei der viele von ihnen zurück in die Türkei gehen müssten. Eroglu stütze sich auch auf die rechtsradikalen türkischen Grauen Wölfe, die nach seinem Wahlsieg auf den Straßen Nordnikosias jubelten.

Der Türkei kommt der Wahlsieg Eroglus ungelegen. Auf Zypern drohe nun beiden Seiten ein Nervenkrieg, kommentiert die regierungsfreundliche türkische Tageszeitung "Zaman" am Tag nach der Wahl. Ein solcher Nervenkrieg muss auch die Türkei nervös machen, denn er blockiert die weitere Annäherung an die Europäische Union. Die Türkei hatte den Norden der Insel im Juli 1974 nach einem Putsch der Griechen besetzt. Nur Ankara erkennt die Türkische Republik Nordzypern als Staat an.