Analyse: Feminismus – ein Thema entzweit Frauen
Keine Fortschritte – warum Alice Schwarzer Kritik an Ministerin Kristina Schröder übt.
Berlin. Es ist ein bizarrerStreit. Angefangen hat ihn Familienministerin Kristina Schröder (CDU) am Wochenende im "Spiegel" - mit distanzierenden Aussagen zum Feminismusder 70er Jahre und arg verkürzt wiedergegebenen Thesen von Simone deBeauvoir und Alice Schwarzer.
Es war nicht das erste Mal, dass sich die 33-jährige Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend inInterviews äußerst kritisch mit Feminismus und Frauenbewegungauseinandersetzte.
Doch hätte die Kölner Feministin und "Bild"-Autorin Schwarzer nichtzum heftigen publizistischen Gegenschlag ausgeholt - Schröders Aussagenwären wie häufig zuvor schon kaum von einer breiteren Öffentlichkeitwahrgenommen worden.
Inkompetenz und Stammtischparolen hielt Schwarzer in ihrem "OffenenBrief" der Ministerin vor. Weder habe sie die Lage der Familienverbessert noch die Gleichberechtigung der Frau vorangebracht. "Dieeinzig aufregende Nachricht" in ihrer fast einjährigen Amtszeit sei ihre Heirat und der Namenswechsel von Köhler auf Schröder gewesen.
"Was immer die Motive der Kanzlerin gewesen sein mögen, ausgerechnetSie zur Frauen- und Familienministerin zu ernennen - die Kompetenz undEmpathie für Frauen kann es nicht gewesen sein", attackierte Schwarzer.
Es war in der Tat vor einem Jahr ein Überraschungscoup der Kanzlerin, ausgerechnet der jungen konservativen hessischen Bundestagsabgeordneten das Familien- und Frauenressort anzutragen - nachdem die populäreAmtsvorgängerin Ursula von der Leyen den glücklosen Franz Josef Jung(beide CDU) an der Spitze des Arbeitsministeriums ablösen musste. Inihrer Fraktion wie in ihrer hessischen CDU zu Hause war Schröder zuvornie mit familien- oder frauenpolitischen Themen aufgefallen.
Bei der Suche nach neuen Themen in der Familienpolitik geht esSchröder wie in der Geschichte vom Hasen und Igel. Gleich ob sie füreine neue Pflegeteilzeit wirbt oder für eine Modernisierung desUnterhaltsvorschusses bei säumigen Vätern: Ihre Amtsvorgängerin von derLeyen hatte alle diese Themen schon besetzt und ihnen ihr politisches"Copyright" aufgedrückt. Nur im Feminismus-Streit hat Schröder nun einneues Kampffeld gefunden.