Tel Aviv. Wenn es um den Iran geht, scheut die israelische Führung normalerweise keinen verbalen Schlagabtausch. Angesichts der Genfer Atomgespräche mit dem Iran präsentiert sich die Regierung in Jerusalem jedoch überraschend schmallippig: kein Kommentar. Trotz des selbst verordneten Schweigens ist klar, dass Israel bei den Gesprächen Irans mit den fünf Vetomächten des Weltsicherheitsrates und Deutschland indirekt mit am Verhandlungstisch saß. Israel betrachtet einen atomar aufgerüsteten Iran als Gefahr für seine Existenz. Die Drohung eines israelischen Militärschlages liegt förmlich in der Luft.
Seit Monaten diskutieren Militärexperten rund um die Welt das Für und Wider eines israelischen Alleingangs. Angespornt werden alle Gedankenspiele durch Äußerungen israelischer Politiker, aber auch durch die Drohkulisse, die Israel Zug um Zug aufgebaut hat.
"Die Ehe zwischen religiösem Fanatismus und Massenvernichtungswaffen ist die größte Gefahr, vor der die Welt heute steht", sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu während der UN-Vollversammlung zum iranischen Atomprogramm. Auf die Frage, ob Israel einen Militärschlag ins Auge fasse, antworten hohe Regierungsmitarbeiter mit der diplomatischen Floskel: "Alle Optionen liegen auf dem Tisch".
Kein Israeli bezweifelt, dass die so hoch geschätzte Luftwaffe Angriffe auf bis zu 2000 Kilometer entfernte Ziele im Iran fliegen kann. Erst im Juni trainierten 100 israelische Kampfflugzeuge vom Typ F-15 und F-16 nach Informationen der "New York Times" über dem Mittelmeer. Die britische Tageszeitung "The Times" zitierte einen israelischen Regierungsbeamten mit den Worten, das Manöver sei eine "Generalprobe" für einen möglichen Angriff auf den Iran gewesen.
Ebenfalls im Juni fuhren drei israelische U-Boote durch den Suez-Kanal - eine Art Machtdemonstration und Warnung in Richtung Teheran, dass Israel das Land von überall aus ins Visier nehmen kann. Im September folgten "Neuigkeiten" über ein Raketenabwehrsystem, das derzeit mit Hilfe der USA in Israel aufgebaut wird. Wenn es im kommenden Jahr voll funktionsfähig ist, soll es Raketen abfangen, die entweder vom Iran oder von iranischen Verbündeten aus dem Libanon oder dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert werden. Die Folgen eines Gegenschlages der Führung in Teheran nach einem Angriff könnten so minimiert werden.