Auf die Dienstwagen-Affäre folgt nun die Flug-Affäre

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ließ die Flugbereitschaft von Köln nach Maastricht kommen. Nun hagelt es Kritik.

Berlin. Neue Vorwürfe gegen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt: Die SPD-Politikerin wird sich am Mittwoch vor dem Haushaltsausschuss des Bundestages nicht nur zur umstrittenen Nutzung ihres Dienstwagens im Spanien-Urlaub äußern müssen. Auch zwei Flüge, die Schmidt im Frühjahr mit der Flugbereitschaft der Bundeswehr nach München und Genf unternommen hat, kommen auf die Tagesordnung, wie der Ausschussvorsitzende Otto Fricke (FDP) am Sonntag auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte.

Ob Frau Schmidt, wie der Bund der Steuerzahler laut "Bild am Sonntag" (Bams) mutmaßt, dabei unwirtschaftlich gehandelt und Steuerzahlergeld verschwendet hat, ist laut Fricke offen. "Auch hier gilt die Unschuldsvermutung", sagte der Krefelder Bundestagsabgeordnete.

Schmidts Ministerium bezeichnete am Sonntag einen der besagten Flüge als notwendig und ordnungsgemäß nach den Richtlinien durchgeführt. Gleichwohl erwägt Otto Fricke, eine "unabhängige Prüfung durch den Bundesrechnungshof" vorzuschlagen. Nach seinen Worten ist der Haushaltsausschuss "kein Gericht und keine Staatsanwaltschaft und auch kein Tribunal". Gerade weil der Fall Schmidt zunehmend in den Verdacht gerate, allein zu Wahlkampfzwecken ausgeschlachtet zu werden, sei eine "neutrale Prüfung unabdingbar", sagte Fricke.

Aus einer vertraulichen Liste des Bundesverteidigungsministeriums mit Politiker-Flügen geht hervor, dass Schmidt am 26. April von Maastricht nach München mit der Flugbereitschaft flog - als einziger Passagier. Dafür ließ sie den 16-sitzigen Challenger-Jet nach "Bams"-Informationen vom Flughafen Köln-Wahn, dem Sitz der Flugbereitschaft, in das nahe niederländische Maastricht kommen - Luftlinie 95 Kilometer. Die Kosten für den Steuerzahler beliefen sich demnach auf über 2.000 Euro.

Wie Schmidts Sprecherin Dagmar Kaiser sagte, nahm die Ministerin an dem Tag von 11 bis 13 Uhr an einem Kongress zum Thema Pflege in ihrer Heimatstadt Aachen teil. Von dort fuhr sie mit ihrem Dienstwagen zum knapp 40 Kilometer entfernten Flughafen Maastricht. Dort stieg sie in die Challenger ein, die sie nach München brachte. Von dort flog die Ministerin mit ihrer Delegation, die getrennt angereist war, mit einem Linienflug in die USA.

Die Kontrolleure stellten sich nun die Frage, warum sich Schmidt nicht von dem Kongress in Aachen direkt zum Flughafen Köln-Wahn fahren ließ, um von dort nach München zu fliegen. Die Fahrt nach Köln wäre 45Kilometer und gut 20Minuten länger gewesen als die nach Maastricht. Schmidts Sprecherin sagte, ein Erreichen des Fluges in die USA sei ohne die Inanspruchnahme der Flugbereitschaft nicht möglich gewesen.

Nein. Sogenannte Flug-Affären mit Politikern sorgen regelmäßig für Schlagzeilen. 1996 fiel Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth dadurch auf, dass sie auffällig oft mit der Flugbereitschaft in die Schweiz geflogen war, wo ihre Tochter lebte. 2002 stolperte der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) über undurchsichtige Flüge mit der Luftwaffe in sein Urlaubsdomizil nach Mallorca.

Die Grünen kamen 2003 unter Beschuss, weil ihre damaligen Bundesminister Jürgen Trittin (Umwelt) und Renate Künast (Verbraucherschutz) für eine Dienstreise in Brasilien - wohin sie mit einem Langstreckenflugzeug geflogen waren - zusätzlich eine kleine Challenger-Maschine geordert hatten.

Zuletzt stand Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) am Pranger, weil sie mit einem Bundeswehr-Hubschrauber von Stuttgart nach Zürich geflogen war. Kosten für den 146 Kilometer langen Flug: 26.500 Euro.