49 Tote am Jahrestag der ägyptischen Revolution
Kairo (dpa) - Auf dem Tahrir-Platz kämpfte Ägyptens Jugend gegen den autoritären Polizeistaat. Drei Jahre später unterdrückt die Polizei oppositionelle Regungen wieder mit aller Gewalt.
Der dritte Jahrestag der Revolution in Ägypten ist von blutiger Gewalt überschattet worden. Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern kamen am Samstag landesweit 49 Menschen ums Leben. 247 Menschen erlitten Verletzungen, wie das ägyptische Gesundheitsministerium am Sonntag bestätigte. Nach Darstellung von Menschenrechtsaktivisten schoss die Bereitschaftspolizei in mehreren Städten mit scharfer Munition auf Kundgebungen der Oppositionellen. Mehr als 1000 Demonstranten wurden nach Angaben des Innenministeriums festgenommen.
In Ägypten hatte sich am Samstag der Beginn der Revolte gegen Langzeitherrscher Husni Mubarak zum dritten Mal gejährt. Zehntausende Anhänger der Übergangsregierung feierten unter enormen Sicherheitsvorkehrungen auf dem Tahrir-Platz in Kairo.
Die islamistische Muslimbruderschaft und Aktivisten der damaligen Revolution hatten zu landesweiten Protesten gegen die Regierung aufgerufen, die nach Ansicht ihrer Gegner den Jahrestag unberechtigterweise für sich vereinnahmte. Die meisten dieser Kundgebungen wurden von den Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst.
Auf dem Tahrir-Platz, vor drei Jahren das Epizentrum der Revolte gegen Mubarak, zeigten sich die Regierungsanhänger mit ägyptischen Fahnen und Bildern des obersten Militärs, General Abdel Fattah al-Sisi. Das homogene Bild einer Menge, die den Soldaten und Polizisten huldigte, bildete einen scharfen Gegensatz zum Erscheinungsbild des Platzes im Januar und Februar 2011. Damals setzte sich sich eine bunt zusammengewürfelte, diskutierfreudige Gemeinschaft aus vornehmlich jungen Leuten mit Brandsätzen und Pflastersteinen gegen die Angriffe von Polizei und gedungenen Schlägern zur Wehr. Mubarak trat am 11. Februar zurück.
Übergangspräsident Adli Mansur stellte unterdessen die Weichen für Neuwahlen. Diese sind erforderlich, nachdem das Militär im vergangenen Juli die Islamisten entmachtet hatte, den Sieger der ersten freien Wahlen nach Mubaraks Rücktritt. Ägypten werde zuerst einen neuen Präsidenten und erst dann ein neues Parlament wählen, erklärte Mansur am Sonntag in einer Fernsehansprache.
Anders als ursprünglich erwartet, nannte er aber keine Termine für die Abstimmungen. Die Hohe Wahlkommission werde alles Weitere regeln, sagte Mansur. Als aussichtsreichster Anwärter für den Präsidentenposten gilt General Al-Sisi. Er hat seine Kandidatur allerdings noch nicht erklärt. Al-Sisi hatte auch beim Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi Regie geführt.
Die Gewalt riss derweil auch am Sonntag nicht ab. Vermummte griffen auf der Halbinsel Sinai einen Autobus des Militärs an. Bei dem Überfall wurden vier Soldaten getötet und 13 weitere verletzt, wie ein Armeesprecher bestätigte. Im Norden und im Inneren des Sinai treiben islamistische Milizen und bewaffnete Banden ihr Unwesen. Die ägyptischen Sicherheitskräfte bekommen die Lage dort nicht in den Griff.