Amnesty: Nordkorea baut Gefangenenlager aus
Seoul (dpa) - Das kommunistische Nordkorea hat nach Angaben von Amnesty International seine „unmenschlichen“ Straflager für politische Gefangene in den vergangenen zehn Jahren ausgebaut. Zurzeit würden etwa 200 000 Menschen unter „schrecklichen Bedingungen“ in diesen Arbeitslagern gefangen gehalten.
Das berichtete die Menschenrechtsorganisation am Mittwoch auf ihrer Website. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il wurde aufgerufen, die meist abgelegenen und großflächigen Lager sofort zu schließen, deren Existenz im Ausland schon seit Jahrzehnten bekannt ist.
„Hunderttausende Menschen existieren praktisch ohne Rechte und werden im Grunde als Sklaven behandelt“, wird der Leiter von Amnesty für die Region Asien-Pazifik, Sam Zarifi, zitiert. Es herrschten in den Lagern die schlimmsten Bedingungen, die die Organisation in den vergangenen 50 Jahren dokumentiert habe. Amnesty warf der Führung in Pjöngjang vor, die Existenz der Lager seit Jahrzehnten zu bestreiten. „Nordkorea kann nicht mehr das Unleugbare bestreiten.“
Den jüngsten Bericht über die Internierungslager hat Amnesty nach eigenen Angaben auf der Grundlage neuer Satellitenbilder und Schilderungen ehemaliger Häftlinge und Wächter verfasst. Ein Vergleich mit Bildern aus dem Jahr 2001 enthülle „eine bedeutende Zunahme des Lagerumfangs“, hieß es.
Frühere Häftlinge des berüchtigten Straflagers Yodok in der Provinz Süd-Hamkyong schilderten demnach, dass sie mehrfach gefoltert wurden und öffentliche Hinrichtungen mitansehen mussten. Sie seien unter Bedingungen zur Arbeit gezwungen worden, die an Sklaverei grenzten. Viele Beschreibungen decken sich mit Aussagen von nordkoreanischen Flüchtlingen, die in den vergangenen Jahren über das Leben in den Gefangenenlagern berichteten.
Der ehemalige Gefangene Jeong Kyoungil berichtete Amnesty, dass der Arbeitstag in Yodok von 4.00 Uhr bis 20.00 Uhr gedauert habe. Nach dem Abendessen hätten sie zur „ideologischen Erziehung“ antreten müssen. „Falls wir uns nicht an die zehn Ethikgebote erinnerten, wurde uns nicht erlaubt zu schlafen.“ Die Mahlzeiten hätten aus schlecht zubereitetem Getreidebrei bestanden, oft werde bei schlechtem Verhalten das Essen den Häftlingen vorenthalten. „Es geschah oft, das Sterben von Menschen mitanzusehen - jeden Tag.“
Da die Nahrungsmittel in den Lagern knapp seien, würden sich einige Gefangene auch von Ratten und Körnern aus den Mägen von Tierkadavern ernähren, berichtete Amnesty. Laut Aussagen eines früheren Häftlings in dem als „Revolutionszone“ bezeichneten Abschnitt in Yodok starben zwischen 1999 und 2001 schätzungsweise 40 Prozent der Gefangenen.
In den Lagern befänden sich „Folterzellen“, in denen man weder richtig stehen noch liegen könne. „Störende Gefangene“ würden für mindestens eine Woche dort eingesperrt. Ein Fall sei bekanntgeworden, in dem ein Kind acht Monate lang in einer solchen Zelle aushalten musste.
Eine bedeutende Zahl der Menschen, die ins Lager Yodok geschickt werden, wissen laut Amnesty nicht, welcher Vergehen sie beschuldigt werden. Die Mehrheit der Gefangenen in der „Totalen Kontrollzone“, würde nie wieder freigelassen.