Amtsenthebungsverfahren gegen Paraguays Staatschef Lugo
Asunción/Río de Janeiro (dpa) - Die Abgeordnetenkammer in Paraguay hat eine Amtsenthebungsklage gegen Präsident Fernando Lugo erhoben. Dem Staatschef wird unter anderem die politische Verantwortung für den Tod von 17 Menschen bei Zusammenstößen von Landbesetzern und Polizisten vorgeworfen.
Die Initiative wurde am Donnerstag im Parlament mit 76 zu 1 Stimmen angenommen. Das berichtete die Zeitung „ABC Color“.
Der Senat, der aufgrund der Anklage der Abgeordnetenkammer über die Absetzung oder Bestätigung Lugos im Amt zu entscheiden hat, will bereits am Freitag ein Urteil fällen. Dem angeklagten Präsidenten wurden zwei Stunden für seine Verteidigung vor dem Senat zugesprochen. Im Fall einer Absetzung des Staatschefs würde der Vizepräsident Federico Franco das Amt bis zu den nächsten Wahlen übernehmen.
Lugo erklärte in einer Fernsehansprache, er werde nicht vor Abschluss des Verfahrens zurücktreten. Es bestünden keine Gründe für ein Amtsenthebungsverfahren. Die Klage sei ein Versuch, neun Monate vor allgemeinen Wahlen einen historischen Demokratieprozess zu torpedieren. Drei Minister reichten am Donnerstag ihren Rücktritt ein.
Vertreter der Bauernverbände teilten mit, es seien Landarbeiter aus allen Regionen Paraguays auf dem Weg nach Asunción, um Lugo ihre Unterstützung auszudrücken. Rund 4000 Polizisten bewachen das Parlamentsgebäude und dessen Umgebung in Asunción.
Die Staatschefs der Union Südamerikanischer Staaten (UNASUR) kamen am Rande der UN-Konferenz Rio+20 zusammen, um die Lage in Paraguay zu besprechen. Die Präsidenten beschlossen, noch am Donnerstagabend eine Außenminister-Delegation von Rio de Janeiro nach Asunción zu entsenden, um die Einhaltung der demokratischen Staatsordnung zu sichern, erklärte der brasilianische Außenminister Antonio Patriota.