Analyse: Putin zieht die Daumenschrauben an

Mit einer Reihe von Gesetzen wird der Druck auf die Gegner des Präsidenten deutlich erhöht.

Moskau. Als Schakale des Westens und Feinde des russischen Volkes hat Kremlchef Wladimir Putin seine Gegner immer wieder an den Pranger gestellt. Nun muss in Russland jeder, der mit westlichem Geld dem Kreml politisch in die Quere kommt, ganz offiziell und unter Androhung von Geldstrafen oder sogar Gefängnis den Titel „ausländischer Agent“ tragen. Die Betroffenen befürchten, dass in dem von Ex-Geheimdienstchef Putin seit 13 Jahren regierten Land eine Jagd wie zu Sowjetzeiten auf „Spione“, also Vaterlandsverräter, beginnt.

Für Putins Gegner war Freitag, der 13., aber noch aus anderen Gründen ein schwarzer Tag für die Freiheit. Wohl noch nie hat Russland unter Putin eine solche Ballung an Gesetzen erlebt, die Kritiker als Rückschlag für die Demokratie und vor allem als Druck auf Andersdenkende wahrnehmen.

Erst müssen die liberalen Kräfte in Russland ein verschärftes Versammlungsgesetz hinnehmen. Und nun beschließt das Parlament, die Duma, in rascher Folge die mögliche Sperrung von Internetseiten, das neue „Agenten-Gesetz“ für Nichtregierungsorganisationen (NGO) und die Wiederaufnahme des Verleumdungsparagrafen ins Strafgesetzbuch. Die nun möglichen drakonischen Geldstrafen gelten als existenzbedrohend. Letzteres Gesetz werten vor allem Journalisten als Maulkorb-Erlass und Mahnung, sich mit Kritik an der Machtelite zurückzuhalten.

Ein solches Tempo, unausgegorene Gesetze zu erlassen, sei sonst in Kriegs- oder anderen Ausnahmezuständen üblich, meint der russische Publizist Michail Fischman in der Zeitung „Wedomosti“. „Hier geht es aber um den Kampf mit einer unbequemen und unkontrollierbaren öffentlichen Meinung“, schreibt er. Die Gesetze seien ein Rundumschlag, um den Protest auf der Straße, im Internet, in Menschenrechtsorganisationen und in den Medien plattzumachen.

Der Kreml selbst erwartet Medien zufolge im Herbst, wenn die Russen von der Sommerfrische und ihren Datschen zurückkehren, neue Massenproteste. Gründe dafür sind der Frust über steigende Preise und soziale Probleme und die wohl nicht ganz vergessenen Vorwürfe der Wahlfälschung. Es bestehe die Gefahr einer Spaltung in der Gesellschaft, warnt der Parlamentsabgeordnete Ilja Ponomarjow von der gemäßigten Oppositionskraft Gerechtes Russland.