Athen schlachtet „Heilige Kuh“
Die griechische Regierung bricht mit einem langgehegten Tabu der Gesellschaft: 15 000 Beamte werden entlassen.
Athen. In Athen gibt es einen Platz mit einem besonderen Namen: Platz des Jammerns. Die Geschichte besagt, dass dort Staatsdiener vor 100 Jahren über ihr Leid klagten. Denn jede neue Regierung entließ fast alle Beamten, um diese Posten den eigenen Freunden zuzuschanzen.
1911 wurde in der Verfassung verankert, dass Beamte unkündbar sind. Drei Jahre nach dem ersten Hilferuf Athens gibt Griechenland nun dem Druck der Geldgeber bei diesem bisherigen Tabu nach. Das Parlament beschloss, dass 15 000 Staatsbedienstete bis Ende 2014 gehen sollen.
Seit dem ersten Sparprogramm 2010 verlangten die Geldgeber, den Staatsapparat zu verschlanken. Das betraf auch die dauerhafte Festeinstellung der Staatsbediensteten und Beamten. Denn Griechenland zählte damals 768 009 Staatsdiener bei nur elf Millionen Einwohnern.
Diese „Heilige Kuh“ wollte jedoch niemand schlachten. Denn jede neue Regierung bedachte viele Nahestehende mit diesen Posten. Kein Geheimnis ist, dass darunter auch viele sind, die dafür nicht qualifiziert waren.
Um die Forderungen der Geldgeber zu erfüllen, hatte Athen versucht, das bis 2015 gesetzte Ziel von 150 000 weniger Staatsbediensteten zu erreichen, indem für jeweils fünf in Pension gehende Beamte nur ein neuer eingestellt wurde. Auf Drängen der Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank greift die Regierung jetzt jedoch durch.
Die Koalitionsregierung aus Konservativen, Sozialisten und der Demokratischen Linken wusste zunächst aber nicht, wie sie es möglich machen konnte, Beamte zu entlassen, ohne die Verfassung zu verletzen. Die Lösung fand Innenminister Antonis Manitakis. Er berief sich auf den Paragrafen, in dem steht, ein Beamter könne abberufen werden, wenn seine Behörde aufhört, zu existieren.
Die Lage Griechenlands bleibt schwierig. Die Arbeitslosigkeit ist mit rund 27 Prozent auf Rekordhöhe. Die Wirtschaft schrumpft das sechste Jahr in Folge.