Nach Raketenangriffen Atom-Vorwürfe: Streit Israels mit Iran eskaliert

Tel Aviv/Teheran/Damaskus (dpa) - Die Sorge vor einem Krieg zwischen Israel und dem Iran wächst.

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Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu warf der Führung in Teheran am Montagabend in einer dramatischen Präsentation vor, sie habe umfangreiches Know-how zum Atomwaffenbau heimlich aufbewahrt - für einen möglichen künftigen Gebrauch. Der Iran wies dies zurück.

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Während Netanjahu wie erwartet Unterstützung der USA erhielt, reagierten die Bundesregierung wie die EU mit Zurückhaltung und Skepsis. Für die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini gibt es keine Beweise, dass der Iran das Atomabkommen von 2015 gebrochen hat. Zuvor hatten bereits schwere Raketenangriffe in Syrien die Sorge vor einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Israel und dem Iran geschürt.

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Bei den Luftangriffen auf Militärziele in mehreren Teilen des Landes wurden der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge mindestens 26 Menschen getötet und 60 weitere verletzt. Syrische Staatsmedien vermuteten Israel hinter den Angriffen, die iranischen Stellungen gegolten hätten. Die „New York Times“ berichtete, bei dem Angriff am späten Sonntagabend auf ein Waffenlager seien 200 Raketen zerstört worden.

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Der Iran ist neben Russland wichtigster Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Der Iran hat Berichten zufolge seine militärische Präsenz in dem nördlichen Nachbarland Israels zuletzt ausgebaut und viele Waffen nach Syrien geschickt. Israel hatte in den vergangenen Monaten deshalb immer wieder Angriffe gegen Ziele in Syrien geflogen. Nach einem Angriff Anfang April, bei dem auch sieben Iraner getötet wurden, hatte Teheran mit Vergeltung gedroht.

Der Iran wehrte sich gegen Netanjahus Vorwürfe, Teheran verfolge weiterhin heimlich ein Atomwaffenprogramm. Dies seien aufgewärmte, alte Anschuldigungen, mit denen sich die Atomenergiebehörde IAEA bereits auseinandergesetzt habe, schrieb Außenminister Mohamed Dschawad Sarif auf Twitter.

Netanjahu hatte seine multimedial inszenierte Präsentation vor Journalisten auf Zehntausende Dokumente aus einem „geheimen Atomarchiv“ in Teheran gestützt, die der israelische Geheimdienst vor einigen Wochen sichergestellt habe. Es handelt sich nach seinen Worten um „neue und schlüssige Beweise zu dem geheimen Atomprogramm, das der Iran seit Jahren vor der internationalen Gemeinschaft versteckt“.

Der Iran hat Israel mit Zerstörung gedroht. Deshalb sieht der jüdische Staat eine Aufrüstung Teherans mit Atomwaffen als derzeit größte Bedrohung seiner Existenz.

Das 2015 geschlossene Atomabkommen der fünf UN-Vetomächte - USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien - und Deutschlands mit dem Iran nannte Netanjahu einen „schrecklichen Deal“, der nie hätte unterzeichnet werden sollen. In dem Abkommen hat sich die islamische Republik Iran verpflichtet, bis mindestens 2025 wesentliche Teile ihres Atomprogramms drastisch zu beschränken - mit dem Ziel, dass das Land keine Atomwaffen entwickeln kann. Im Gegenzug wurden die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben.

Die EU-Außenbeauftragte Mogherini erklärte, nach einer ersten Einschätzung habe Netanjahu keine Beweise dafür präsentiert, dass sich der Iran nicht an das Abkommen zum Verzicht auf Atomwaffen hält.

Auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) verwies auf ihren Abschlussbericht, wonach sie seit 2009 keine glaubwürdigen Hinweise mehr darauf hatte, dass der Iran an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitete.

Netanjahu bezichtigte dagegen iranische Spitzenpolitiker der Lüge, weil diese wiederholt behauptet hätten, das Land habe nie an Atomwaffen geforscht. Doch könne das geheime Material, das der Iran nach der Unterzeichnung des Atomabkommens versteckt habe, zum Bau von „fünf Hiroshima-Bomben“ dienen.

Der Iran baue außerdem die Reichweite seiner Raketen, die mit Atomwaffen bestückt werden könnten, immer weiter aus. „Sie sind jetzt bei etwa 2000 Kilometern, sie können Riad, Tel Aviv, Moskau erreichen.“ Sie strebten aber noch „viel größere Reichweiten“ an.

Uzi Eilam, ehemaliger Leiter der israelischen Atomenergiekommission, sagte am Dienstag: „Alles, was Netanjahu bei seiner Präsentation gesagt hat, war Geschichte, und kein Beweis dafür, dass die Iraner den Vertrag nicht einhalten.“

Der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghchi sagte: „Diese alberne Show von Netanjahu, ausgerechnet zehn Tage vor der Entscheidung der USA (über den Atomdeal), war inszeniertes Theater, um den amerikanischen Präsidenten zu beeinflussen - mit dem Ziel, das Atomabkommen abzuschaffen.“

Netanjahu sagte, die Informationen seien von den USA verifiziert worden. Trump werde nun entscheiden, ob er den Vertrag aufkündigen will. „Ich bin mir sicher, dass er das Richtige tun wird.“

Trump sagte dazu, die Präsentation Netanjahus zeige, dass er mit seiner Meinung über den Iran zu „hundert Prozent“ Recht gehabt habe. Auch er nannte das Atomabkommen einen „schrecklichen“ Deal. Er sagte aber nicht, ob die USA aus der Vereinbarung aussteigen werden. Man werde sehen, was passiere, sagte Trump. Er werde vor oder am 12. Mai eine Entscheidung treffen. Trump muss bis zu diesem Stichtag entscheiden, ob von den USA ausgesetzte Sanktionen gegen den Iran außer Kraft bleiben. Dies wird de facto auch als Entscheidung über den Verbleib der USA in dem Abkommen angesehen. Trump erwähnte die Möglichkeit, ein neues Abkommen auszuhandeln. Das lehnt der Iran ab.

Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend zu Netanjahus Vorwürfen gegen den Iran. „Wir werden die Informationen der israelischen Seite im Detail analysieren und bewerten“, sagte ein Regierungssprecher am Dienstag. Zugleich verwies er auf den Nutzen des Abkommens: „Dieses unabhängige Überwachungssystem ist auch in Zukunft notwendig, um die Einhaltung der nuklearen Beschränkungen, die das Abkommen dem Iran auferlegt, und die ausschließlich friedliche Nutzung der Atomenergie durch den Iran sicherzustellen.“

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein französischer Kollege Emmanuel Macron bekräftigten bei einem Telefonat ihren Willen, am Atomabkommen festzuhalten. In einem Telefonat mit Netanjahu bekräftigte Putin, dass aus russischer Sicht an dem Abkommen festgehalten werden müsse.