Auftritt in Köln ist ein Heimspiel für Erdogan

Am Samstag will der türkische Premier vor Landsleuten reden. Bei ihnen hat er viel Rückhalt.

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Köln. Wenn Recep Tayyip Erdogan von Ankara nach Köln reist, ist das ein Heimspiel. In Deutschland stößt der türkische Ministerpräsident mit seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP auf viel Zustimmung bei seinen Landsleuten. „Es gibt einen großen Rückhalt für Erdogan und die AKP in Deutschland, schätzungsweise 50 bis 60 Prozent der hier lebenden Türken könnten ihn wählen“, sagt Cem Sentürk vom Zentrum für Türkeistudien in Essen.

Dass Erdogan elf Wochen vor der Wahl des Staatspräsidenten am Samstag in die Domstadt kommt, dürfte kein Zufall sein. Erstmals in der Geschichte der modernen Türkei wird ein Staatspräsident am 10. August direkt vom Volk gewählt — und auch Auslands-Türken dürfen ihre Stimme abgeben.

Wie die in Deutschland lebenden Türken abstimmen, könnte das Ergebnis beträchtlich beeinflussen, erklärt Sentürk. Denn: Unter den bundesweit rund drei Millionen türkischstämmigen Menschen sind rund 1,4 Millionen wahlberechtigt. „Das sind drei Prozent aller türkischen Wähler.“ „Die Unterstützung der Türken in Deutschland hat er“, glaubt auch Geschäftsmann Sitki Palabiyik. „Hier in Köln hat er 99 Prozent Zustimmung, bei allen Türken in Deutschland zusammen auf jeden Fall mehr als 50 Prozent.“

„Wenn er kommt, füllt er jedes Mal Stadien“, sagt Safter Cinar, einer der beiden Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Warum die große Zustimmung? „Zum einen ist es das Religiöse in seinem Programm und seiner Partei und zum anderen die von vielen positiv bewertete Entwicklung der vergangenen zehn Jahre.“ Der Regierungschef habe den Einfluss der Militärs zurückgedrängt und Verbesserungen für viele gebracht, etwa bei Sozialleistungen oder im Gesundheitswesen. Grundsätzlich gilt Cinar zufolge: „Der eher konservative und religiöse Teil der Bevölkerung wählt Erdogans AKP.“

Cinar hofft, dass Erdogan sich in Köln nicht zu einem „aggressiven Wahlkampfstil“ hinreißen lässt. „Aber provokante Äußerungen sind ja leider bei ihm nicht auszuschließen.“ Sentürk vom Zentrum für Türkeistudien berichtet: „In der Türkei wird in den Medien spekuliert, dass Erdogan in Köln seine Präsidentschaftskandidatur ankündigen wird.“

Das wäre eine Provokation. Denn die AKP und die UETD — Union Europäischer-Türkischer Demokraten — als Gastgeberin in Köln dementieren, dass es sich um einen Wahlkampfauftritt handelt. Wahlkampf im Ausland ist nach türkischem Recht verboten, wie Sentürk sagt.