Berlusconi schreckt die Märkte
Finanzwelt und EU fürchten, dass in Italien Chaos droht. Kursverluste an der Börse in Mailand.
Rom/Brüssel. Auf das Wirrwarr der italienischen Politik gab es am Montag zwei deutliche Antworten. Die Mailänder Börse reagierte auf die Rücktritts-Ankündigung von Ministerpräsident Mario Monti mit einem Kursverlust von 3,7 Prozent. Die Rendite auf zehnjährige italienische Staatsanleihen stieg auf 4,8 Prozent, auch das war ein Zeichen für Unsicherheit.
Mehr als ein Jahr lang hatte Italien mit Reformen und Haushaltskonsolidierung den richtigen Weg eingeschlagen, befanden die Anleger. Nun fürchten sie, dass mit dem Ende der Regierung Monti und der gleichzeitigen Rückkehr des Wahlkämpfers Silvio Berlusconi (76) erneut das Chaos droht. Sie sind mit dieser Sorge nicht allein.
Von überall her drangen Warnungen nach Rom. Italien dürfe nicht bei zwei Dritteln des Reformprozesses stehenbleiben, forderte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP), sonst drohten Europa neue Turbulenzen. Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos befürchtete eine ansteckende Wirkung der italienischen Misere auf sein Land. Europa habe ein „starkes und stabiles Italien“ nötig, behauptete EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Aus der italienischen Hauptstadt erhob sich vor allem eine Stimme über das Gewirr der Meinungen und Analysen. „Wenn ich meine Gefühle heute ganz offen zugeben müsste, würde ich sagen, dass ich sehr besorgt bin.“ So ließ sich Mario Monti von der Zeitung „La Repubblica“ zitieren.
Monti sieht sich zum Rücktritt gezwungen, nachdem ihm die Berlusconi-Partei „Volk der Freiheit“ (PdL) am Freitag de facto das Vertrauen entzogen hatte. Gleichzeitig gab Ex-Premier Silvio Berlusconi seine erneute Kandidatur als Spitzenkandidat bekannt. „Schnallen wir uns an“, schlug die wirtschaftsnahe Zeitung „Il Sole 24 Ore“ angesichts der widrigen politischen Witterungsverhältnisse vor. Es ist vor allem die Unwägbarkeit der Geschehnisse, aus der sich die allgemeine Verunsicherung speist.
Als sicher gilt bislang nur, dass die Parlamentskammern den Staatshaushalt bis Weihnachten absegnen, Monti dann seinen Rücktritt einreicht und Staatspräsident Giorgio Napolitano anschließend die Kammern auflöst und Neuwahlen ansetzt, vermutlich Ende Februar. Gesetzesvorhaben wie die Reduzierung der Provinzen zu Sparzwecken, Gesetze zur Steuervereinfachung und für Wachstum können wohl nicht mehr verwirklicht werden.
Bis zu den Wahlen sind verschiedene politische Faktoren zu beobachten. Zum einen ist da die Frage, wie einflussreich Berlusconis PdL-Partei nach den Wahlen sein wird. Je mehr Stimmen Berlusconi bekommt, desto größer dürften auch die politische Unstabilität und der Zwang zu Kompromissen werden. Der PdL liegt derzeit 16 Prozentpunkte hinter der Demokratischen Partei. Und da ist noch Mario Monti selbst, der angeblich über eine eigene Kandidatur nachdenkt.
Ob die Italiener sich bei der Wahl dann aber auch für Monti entscheiden, bleibt offen. Seine Regierung hatte bei den Wählern zuletzt an Ansehen verloren, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Steuern und schlechte Wirtschaftsdaten wurden als Begründungen genannt.