Berlusconis Machtverlust rettet Italiens Regierung

Rom (dpa) - Italiens Ministerpräsident Enrico Letta bleibt im Amt, während Silvio Berlusconi nach der klar verlorenen Kraftprobe mit dem Regierungschef vor einem Scherbenhaufen steht. Und der könnte am Freitag noch größer werden.

In zwei Abstimmungen erhielt Letta im Parlament deutlich das Vertrauen und kann weiter daran arbeiten, das Euro-Krisenland aus der Wirtschaftsflaute zu führen. Er setzte sich am Mittwoch im Machtkampf mit Berlusconi durch und zog auch die Gefolgsleute des Cavaliere auf seine Seite. Das Berlusconi-Lager spaltet sich, italienische Medien sprachen vom Ende der Ära Berlusconi nach 20 Jahren in der Politik.

Für Berlusconi bedeutet die Beilegung der Regierungskrise eine herbe Niederlage, der weitere folgen dürften. Weil er rechtskräftig verurteilt ist, könnte ihm bereits am Freitag vom Immunitätsausschuss des Senats der Parlamentariersitz entzogen werden. In mehreren seiner Justizverfahren drohen Berlusconi außerdem weitere Verurteilungen.

Der 77 Jahre alte Medienmogul und Milliardär kündigte an, nicht von sich aus auf das Senatorenamt und damit auf seine politische Zukunft im Parlament verzichten zu wollen. Eine während der Ausschusssitzung am Freitag geplante Kundgebung seiner Anhänger wurde jedoch abgesagt.

Berlusconi ist im Parlament mit dem Vorhaben gescheitert, die von ihm fünf Monate lang mitgetragene Regierung Letta zu stürzen, um Neuwahlen zu erzwingen. Politische Gegner sahen darin den Versuch, sein Senatorenmandat und seine politische Präsenz noch zu retten.

Zufrieden zeigte sich danach auch Staatspräsident Giorgio Napolitano, der Neuwahlen nach einem Sturz Lettas vermeiden wollte. Man habe die Herausforderung durch Berlusconi „ordentlich und entschlossen“ abgewehrt, hielt das Amt des Staatschefs fest.

Letta bekam das Vertrauen problemlos, nachdem Berlusconi kurz zuvor doch noch eingelenkt und die Unterstützung der gesamten Partei angekündigt hatte. Der konservative Ex-Regierungschef hatte mit dem Rückzug seiner Minister aus dem Kabinett die Regierungskrise in Rom ausgelöst. Ein Teil seiner Partei rebellierte jedoch massiv dagegen.

Der Regierungschef zeigte sich erfreut, gestärkt durch den großen Vertrauensbeweis die Arbeit seiner großen Koalition fortsetzen zu können. Das Land stecke tief in der Wirtschaftskrise, Reformgesetze müssten jetzt für Wachstum und Steuerentlastungen sorgen, sagte er. Außerdem wird es Lettas Ziel sein, eine dringende Wahlrechtsreform durchzubringen, damit bei kommenden Wahlen ein lähmendes Patt wie im Frühjahr vermieden werden kann. Dies verfolgt auch Napolitano.

Letta gewann die erste von zwei Abstimmungen im Parlament klar. 235 Senatoren sprachen ihm das Vertrauen aus, 70 votierten gegen ihn. Im Senat war Letta auf die Stimmen aus Berlusconis Partei angewiesen. In der Abgeordnetenkammer hingegen hat seine linke Demokratische Partei (PD) eine absolute Mehrheit. 435 Abgeordnete sprachen Letta das Vertrauen aus, 162 stimmten mit Nein. Damit war er gesichert. Berlusconis überraschendes Einlenken in der Regierungskrise beflügelte den Euro, die Finanzmärkte reagierten positiv.

Bereits am Abend vor der entscheidenden Kraftprobe im Parlament hatte Letta Unterstützung aus der Partei Berlusconis bekommen: PdL-Chef Angelino Alfano rief seine Abgeordneten auf, sich hinter Letta zu stellen. Damit wendete sich ein Teil der PdL gegen den Kurs Berlusconis. „Ich bleibe fest überzeugt, dass unsere gesamte Partei für das Vertrauen in Letta stimmen sollte“, hatte Alfano kämpferisch gesagt und damit eine Front zu seinem politischen Ziehvater eröffnet.

Mehr als 20 PdL-Senatoren hatten dann vor der neuen Order ihrer Leitfigur Berlusconi am Mittwoch bekanntgegeben, die Krise beenden und für Letta stimmen zu wollen. Daraufhin lenkte auch Berlusconi ein. Am Mittwoch kündigten dann 26 PdL-Abgeordnete um Alfano an, in der großen Parlamentskammer eine eigene Gruppe zu gründen.

„Wir haben uns entschieden, nicht ohne innere Qual, dieser Regierung das Vertrauen auszusprechen“, sagte Berlusconi vor dem Votum im Senat. Zuvor warb Letta in einer Erklärung um Vertrauen: „Italien steuert auf verhängnisvolle Gefahren zu.“. Ein neuer und tragfähiger Regierungspakt sei notwendig, um die Zukunft des Landes nicht zu gefährden: „Mut und Vertrauen ist das, worum ich bitte.“