Bischof Tebartz-van Elst muss gehen
Rom/Limburg (dpa) - Nach monatelangen scharfen Debatten um Amtsführung und Verschwendung des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst hat der Papst entschieden: Der beurlaubte Bischof darf nicht in sein Amt zurückkehren.
Franziskus stützte sich auf den Prüfbericht einer Expertenkommission, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Demnach trägt der 54-jährige Oberhirte maßgeblich Verantwortung für die Versechsfachung der Kosten für den millionenschweren Um- und Ausbau der Bischofsresidenz in Limburg, weil er kirchliche Vorschriften und Kontrollgremien umging und immer wieder Sonderwünsche hatte.
In der katholischen Kirche wurde die seit langem mit Spannung erwartete Entscheidung des Papstes mit Erleichterung aufgenommen und als Signal für einen Neuanfang gewertet. Der Skandal um Tebartz-van Elst hatte das Bistum zerrüttet und die katholische Kirche in ganz Deutschland in eine tiefe Vertrauenskrise gestürzt, in einigen Regionen traten mehr Gläubige als üblich aus der Kirche aus.
In der Diözese sei es zu einer Situation gekommen, „die eine fruchtbare Ausübung des bischöflichen Amtes“ durch Tebartz-van Elst verhindere, erklärte der Vatikan. Der Heilige Stuhl habe deshalb den bereits im Oktober vom Bischof angebotenen Amtsverzicht angenommen. Seinerzeit hatte der Papst Tebartz-van Elst eine Auszeit außerhalb des Bistums verordnet - dass der Bischof schon damals seinen Rücktritt anbot, war bisher nicht bekannt.
Der Bericht der von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzten Expertenkommission geht mit Tebartz-van Elst hart ins Gericht: Der Kirchenmann sei stets über horrende Preissteigerung auf dem Domberg informiert gewesen, habe aber die Kosten geringgerechnet. Bischof und Domkapitel hätten geltendem Recht „in zahlreichen Fällen nicht Rechnung getragen“. Auch der sogenannte Diözesanverwaltungsrat sei seinen Kontrollpflichten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.
„Die Ausgestaltung des Bauprojekts in der ihm eigenen Wertigkeit geht vorwiegend auf Wünsche und Aufträge des Bischofs zurück“, heißt es im Bericht. Nach Überzeugung der Prüfungskommission kümmerte sich der Bischof nicht um Einzelheiten der Finanzierung und „wich Kostenfragen auch bewusst aus.“ Neben den Verschwendungsvorwürfen, die der Kirchenmann stets zurückgewiesen hatte, kreideten Kritiker dem seit 2008 in Limburg amtierenden Bischof auch einen „autoritären“ Führungsstil an.
Papst Franziskus setzte den Paderborner Weihbischof Manfred Grothe als Apostolischen Administrator in Limburg ein - er hatte die Prüfkommission geleitet. Über den künftigen Bischof ist noch nicht entschieden. Der Pontifex bat die Gläubigen und den Klerus des Bistums, „die Entscheidung des Heiligen Stuhls bereitwillig anzunehmen und sich darum zu mühen, in ein Klima der Barmherzigkeit und Versöhnung zurückzufinden.“ Der scheidende Bischof werde zu gegebener Zeit mit einer anderen Aufgabe betraut.
Ein Bischof oder ein Priester, der seiner Gemeinde nicht dient, handele falsch, betonte Franziskus bei der Generalaudienz in Rom, ohne auf den „Fall Tebartz“ einzugehen. Wer seine Herde nicht mit Liebe führe, sei nicht hilfreich.
„Es ist gut, dass der Papst heute eine Entscheidung herbeigeführt hat, die für das Bistum Limburg eine Zeit der Unsicherheit beendet und einen Aufbruch und Neubeginn möglich macht“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. In den vergangenen Monaten sei deutlich geworden, dass es in der Kirche ein großes Bedürfnis nach Offenheit auch in finanziellen Fragen gebe. „Wir werden gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um das Maß an Transparenz bei den Kirchenfinanzen und deren Kontrolle deutlich zu erhöhen“, versprach Marx.
Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann zeigte sich ebenfalls erleichtert. „Diese Entscheidung erspart dem Bistum Limburg und auch Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst weitere Streitigkeiten“, sagte er. „Ich verbinde damit den Wunsch, dass sich für Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst eine gut überlegte künftige Aufgabe ergibt.“
Der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück, sprach von einer „Entscheidung mit großer Bedeutung für die Kirche in Deutschland.“ Es sei wichtig, dass aus den Erfahrungen auch die notwendigen Konsequenzen gezogen würden. Das gelte insbesondere für die Transparenz der kirchlichen Finanzen, für die Bedeutung einer qualifizierten Gremienarbeit und für einen kooperativen Führungsstil. Auch die reformkatholische Initiative „Wir sind Kirche“ sieht die Chance für einen Neuanfang in Limburg, der „gemeinsam mit allen Gläubigen des Bistums“ gestaltet werden müsse.
Den Skandal um den Limburger Bischofssitz hatte im August 2013 ein Protestbrief Frankfurter Katholiken an ihren Oberhirten eingeläutet. Einen Höhepunkt erreichte die Krise im Bistum im Oktober, als klar wurde, dass das Projekt auf dem Limburger Domberg mindestens 31 Millionen Euro kostet. Beim Baubeginn war von rund fünf Millionen Euro die Rede gewesen.
Der neue Bistums-Leiter Grothe kündigte an, mit Offenheit an seine Aufgabe in Limburg zu gehen. „Jetzt gilt es im Geist der Offenheit, in Aufrichtigkeit und Barmherzigkeit einen gemeinsamen Weg für einen Neubeginn zu gehen“, erklärte der 74-Jährige. „Wir werden das Geschehene sorgfältig und umsichtig aufarbeiten.“
Zuletzt war in Deutschland 2010 der Augsburger Bischof Walter Mixa zurückgetreten. Frühere Heimkinder hatten ihm körperliche Misshandlung vorgeworfen, zudem soll er Stiftungsgelder zweckentfremdet haben.