Budapest führt Sperrzonen für Obdachlose ein
Budapest (dpa) - Trotz massiver Proteste hat das Budapester Stadtparlament umfangreiche Sperrzonen für Obdachlose beschlossen. Die Betroffenen dürfen demnach alle Orte, die zum Weltkulturerbe zählen, nicht mehr als Aufenthaltsort benutzen, der einem „Wohnen“ gleichkomme.
Solche Orte sind in der Regel Tourismusmagneten. Ebenfalls tabu sind zudem 29 Unterführungen und der Umkreis von 100 Metern um Kinderspielplätze, Schulen und Friedhöfe.
Gegner dieses Beschlusses hatten am Vormittag zeitweise den Sitzungssaal des Stadtparlaments besetzt, die Sitzung verzögert und waren von Polizisten weggebracht worden. Budapest wendet nun ein neues Gesetz an, dem zufolge Kommunen bestimmte Bereiche für Obdachlose sperren dürfen. Wer sich dem mehrfach widersetzt, kann mit Haft bestraft werden. Ungarns Verfassungsgericht hatte vor einem Jahr eine ähnliche Regelung gekippt. Daraufhin hatte das Parlament mit der Zweidrittelmehrheit der rechtsnationalen Regierungspartei FIDESZ im März dieses Jahres die Verfassung geändert, um das Gesetz dennoch durchzusetzen.
Bürgermeister Istvan Tarlos (FIDESZ) brach am Donnerstagmorgen eine Sitzung des Stadtrats ab, nachdem Demonstranten den Sitzungssaal besetzt und durch lautes Singen eine Verständigung unmöglich gemacht hatten. Gegen Mittag trugen Polizisten die mehreren Dutzend Demonstranten hinaus, die Sitzung wurde danach unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt.
Die mehreren Dutzend Demonstranten waren vor allem Aktivisten des Vereins zur Unterstützung der Obdachlosen „A Varos Mindenkie“ („Die Stadt gehört allen“) und Politiker der öko-liberalen Oppositionspartei LMP.
Auch Politiker der oppositionellen Sozialisten (MSZP) protestierten. Dies bezeichnete Tarlos als „doppelzüngig“, weil ausgerechnet der MSZP-Bürgermeister des 13. Budapester Stadtbezirks die meisten Sperrzonen für Obdachlose beantragt habe. Vor dem Beschluss des Stadtparlaments durften Bezirksbürgermeister jeweils für ihr Gebiet Vorschläge machen.
Allein in Budapest leben nach Schätzungen von Hilfsorganisationen 8000 bis 10 000 Obdachlose. Für diese stehen fast 6000 Plätze in Heimen zur Verfügung. Bürgermeister Tarlos erklärte, er werde für alle Obdachlosen Unterkünfte schaffen und dazu notfalls eine Sporthalle bereitstellen.