Chinas Säbelrasseln gegen Taiwan ist vorbei
Taipeh will den kommunistischen Rivalen auf Armlänge halten. Der Präsident ist dafür ein Garant.
Taipeh. Die Taiwanesen haben die Politik der Annäherung an China durch Präsident Ma Ying-jeou bestätigt. Die Wähler hätten ihm den Auftrag gegeben, seine Politik fortzusetzen, sagte der 61-Jährige nach seinem Wahlsieg vor Anhängern. „Es ist nicht mein persönlicher Sieg, sondern ein Sieg für das taiwanesische Volk.“ Doch zeigt das respektable Abschneiden seiner Herausforderin Tsai Ing-wen, die auf Distanz zu Peking ging, den Wunsch vieler Taiwanesen, den kommunistischen Rivalen politisch eher auf Armlänge halten und den Status Quo bewahren zu wollen.
Die Taiwanesen wollen beides: Einerseits ihre politische Eigenständigkeit bewahren, andererseits gute Geschäfte mit Festlandchina machen. „China ist der beste Markt für taiwanesische Waren“, sagte der Student Tifi Lu (21). Wie viele junge Taiwanesen sieht er eher die Chancen als die Risiken. „China unterstützt auch unser Finanzsystem, den Tourismus und Handel. Es ist wie das alte chinesische Sprichwort: Wenn dir jemand Wein anbietet, solltest du ihn auch annehmen.“
Ein Wahlsieg der Oppositionskandidatin Tsai Ing-wen, deren Partei aus der Unabhängigkeitsbewegung stammt, hätte schwere Irritationen mit Peking ausgelöst. So konnte Chinas Führung aufatmen. Der Erfolg von Ma Ying-jeou kommt China und den USA sehr gelegen. Washington wollte keinen Streit mit Peking, sondern braucht dessen Kooperation bei der Bewältigung der aktuellen Krisen mit dem Iran und Nordkorea.
Auch Chinas Kommunisten sind froh, dass ihnen ein Konflikt mit Taiwan in den heiklen Zeiten vor dem Generationswechsel in der Führung im Herbst erspart geblieben ist. Anders als früher, wo Wahlen in Taiwan mit Säbelrasseln und Raketentests begleitet wurden, hatte sich Peking aus dem Wahlkampf herausgehalten.
Jetzt sieht die kommunistische Führung in Peking den Weg frei für „neue Möglichkeiten“ beim Ausbau der Kooperation. „Indem sich beide Seiten auf den ,Konsens von 1992’ verständigt haben, gibt es Vertrauen“, sagte der Taiwanprofessor Chen Xiancai von der Universität in Xiamen. Mit dieser stillschweigenden Übereinkunft erkennen beide Seiten an, dass es nur ein China gibt, lassen aber zu, dass sie etwas anderes darunter verstehen.