Der schwierige Partner Afghanistan
Einsatz: Deutsche Soldaten kritisieren die Zusammenarbeit der Armeen.
Kabul. Eigentlich sollte er deutsche Soldaten schützen — dann richtete er plötzlich die Waffe gegen sie. Ein afghanischer Soldat hat am Freitag im Bundeswehrcamp „OP North“ in der Unruheregion Baghlan auf deutsche Soldaten geschossen. Drei Soldaten und der Schütze starben, drei schwebten zunächst in Lebensgefahr.
Der Hergang des Anschlags kam am Freitag erst nach und nach ans Tageslicht. Über den Schützen wurde nichts Genaueres bekannt. Fakt ist aber, dass er zur Außensicherung des Camps eingesetzt war, in dem rund 500 deutsche Soldaten leben, und dass er bislang nicht aufgefallen war. Hat sich der Afghane das Vertrauen der Deutschen erschlichen, um dann im geeigneten Moment zuzuschlagen? Handelte es sich vielleicht um einen Taliban, der die Uniform und Arbeit als Soldat nur als Tarnung nutzte? Der Anschlag gibt Rätsel auf und nährt Kritik an einem Partnerschaftsprogramm der deutschen und der afghanischen Armee. Denn das „OP North“ spielt eine wesentliche Rolle bei der Ausbildung afghanischer Soldaten.
Die Bundeswehr soll gemeinsam mit der afghanischen Armee operieren, damit die einheimischen Kräfte aus den Erfahrungen lernen und selbst Verantwortung übernehmen können. Das „Partnering“ soll den Weg für einen Abzug der Internationalen Schutztruppe Isaf bereiten. Deutschland will die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren.
In den vergangenen Monaten hatte es mehrere Angriffe von afghanischen Sicherheitskräften auf Isaf-Soldaten gegeben. Ende November erschoss ein Offizier der afghanischen Grenzpolizei in einem Ausbildungslager in der östlichen Unruheprovinz Nangarhar sechs Angehörige der Schutztruppe. In der nordafghanischen Stadt Masar-i-Scharif tötete im Juli ein afghanischer Soldat einen Kameraden und zwei amerikanische Zivilangestellte. Eine Verbindung zu den radikal-islamischen Taliban konnte in allen Fällen nicht nachgewiesen, aber auch nicht ausgeschlossen werden.
Noch im Herbst gab es Kritik an dem Partnerschaft-Konzept. Die Zusammenarbeit mit der Nationalarmee wurde als schwierig bezeichnet. Die deutschen Soldaten kritisierten, dass sie von afghanischen Soldaten bestohlen wurden, dass die Afghanen unpünktlich und unzuverlässig seien. Einige deutsche Soldaten sprachen sogar davon, dass die Afghanen als Partner unberechenbar seien.
Allerdings soll sich die Zusammenarbeit mit den Afghanen bei gemeinsamen Operationen gegen die Taliban in den vergangenen Monaten verbessert haben.