Die neue Hoffnung der Exil-Tibeter
Am Montag wird Premierminister Lobsang Sangay vereidigt. Vor allem die Jugend erwartet viel von ihm.
Neu Delhi. Die tibetische Exil-Regierung steht vor einem Generationenwechsel. Lobsang Sangay, ein 43-jähriger Jurist, wird am Montag in der nordindischen Stadt Dharamsala als neuer Premierminister vereidigt. „Das ist eine historische Veränderung“, sagt der Präsident des Exil-Parlaments, Penpa Tsering. Nicht nur, weil Sangay fast 30 Jahre jünger ist als sein Vorgänger, der Dalai Lama, sondern auch weil er mehr Einfluss haben wird.
Im März hatte der Dalai Lama, der das geistliche Oberhaupt der Tibeter bleibt, die Abgeordneten um die Entbindung von seinen politischen Aufgaben gebeten. Vom neuen Premier erwarten vor allem junge Exil-Tibeter viel. „Wir hoffen auf eine neue Politik gegenüber China“, sagt Tenzin Norsang vom Tibetischen Jugendkongress.
Deren Mitglieder stehen dem vom Dalai Lama propagierten „Weg der Mitte“ und der damit verbundenen Forderung nach Autonomie für Tibet im Rahmen der chinesischen Verfassung kritisch gegenüber. Sie streben nach Unabhängigkeit für ihre Heimat.
Parlamentspräsident Tsering warnt allerdings vor falschem Optimismus. Auch Sangay habe sich im Wahlkampf für den „Weg der Mitte“ eingesetzt und sei auf dieser Grundlage im Frühjahr von 55 Prozent der 83.000 stimmberechtigten Exil-Tibeter gewählt worden. An der politischen Linie werde sich daher nichts ändern.
Der Parlamentarier und frühere Chefredakteur des Senders „Stimme Tibets“, Karma Yeshi,
betont, dass der Spielraum des Premiers eher gering sei. Denn der Erfolg exil-tibetischer Politik hänge vor allem von der chinesischen Regierung ab, die keinerlei Entgegenkommen signalisiere.
„In der Tibet-Frage hat sich Peking in den letzten Jahren kaum bewegt“, bestätigt Kai Müller von der Internationalen Kampagne für Tibet. Angesichts anhaltender Unzufriedenheit in Tibet müsse sich die chinesische Führung jedoch mit der Frage auseinandersetzen, wie mit dem Problem langfristig umzugehen sei. Bislang werde auf Unruhen „mit der Knute“ reagiert, so Müller. Stabilität könne es aber nur geben, wenn die kulturellen Rechte der Tibeter anerkannt würden.