Elfenbeinküste: Angst vor einem Völkermord

Der Konflikt um die Macht dauert an. Noch halten die Regierungstruppen Gbagbo die Treue.

Abidjan. Laurent Gbagbo, der entgegen dem Wählerwillen amtierende Präsident der Elfenbeinküste, ist international zunehmend isoliert. In die EU darf er nicht mehr einreisen, seine Diplomaten sollen nicht in der EU anerkannt werden, und die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas droht, ihn gewaltsam aus dem Amt zu jagen. Dem gewählten und internationale anerkannte Präsidenten Alassane Ouattara nutzt das bisher allerdings wenig.

Ouattara ist ein Präsident ohne Macht, sein Hauptquartier befindet sich im noblen Golf-Hotel der Hafenstadt Abidjan, beschützt von 900 UN-Blauhelmen. Die Regierungstruppen halten bislang Gbagbo die Treue. Menschenrechtsexperten werfen den Sicherheitskräften seit der Präsidenten-Stichwahl vor einem Monat schwere Menschenrechtsverletzungen vor.

Youssoufou Bamba, Ouattaras Botschafter bei den Vereinten Nationen, orakelte, sein Land befinde sich „am Rande des Völkermords“. Mehr als 173 Menschen seien getötet worden, weil sie Ouattara unterstützten. „Menschen werden illegal festgenommen. Wir fürchten, dass viele getötet wurden oder verschwinden“, warnte auch Salvatore Sagués von Amnesty International.

Der Jahreswechsel steht im Zeichen der Krise: Da Ouattara auf die Unterstützung der „neuen Truppen“ — der einstigen Rebellenarmee aus dem 2003 beendeten Bürgerkrieg — zählen kann, fürchten auch seine Wähler eine Rückkehr zum bewaffneten Konflikt. Charles Blé Goudé, Leiter einer Gbagbo-loyalen Jugendorganisation, rief Tausende seiner Mitglieder auf, am Neujahrstag Ouattaras Hotel zu stürmen. Sollte dies gelingen, hoffen die Gbagbo-Getreuen vollendete Tatsachen zu schaffen, ehe am 3. Januar erneut ein Ecowas-Vermittlungsteam nach Abidjan reist.

Doch weder Ouattaras Anhänger noch die UN-Mission Unoci wollen sich einschüchtern lassen. Die 9000 Mann starke Friedenstruppe werde ihr Mandat „kraftvoll“ ausüben, kündigte Blauhelm-Chef Alain Le Roy an. Der UN-Sicherheitsrat hat die Aufforderung Gbagbos, die Unoci-Mission abzuziehen, abgelehnt und das Mandat um sechs weitere Monate verlängert.