Frankreich droht ein erbitterter Wahlkampf
Bereits 100 Tage vor dem ersten Wahlgang Ende April liegen die Nerven in den beiden großen Lagern blank.
Paris. Erst in 100 Tagen müssen die Franzosen entscheiden, wer die nächsten fünf Jahre Hausherr im Elysée-Palast sein soll. Doch bereits im gerade aufziehenden Präsidentenwahlkampf liegen die Nerven blank. So blank, dass mit einem erbitterten, ja verbitterten Krieg der beiden Lager zu rechnen ist: hier der sozialistische Herausforderer François Hollande, dort der konservative Amtsinhaber Nicolas Sarkozy.
Seit seiner Kür im Oktober durch offene Vorwahlen nach US-Vorbild liegt Hollande in Umfragen zwar nach wie vor deutlich vor seinem gaullistischen Rivalen. Unbändige Siegeszuversicht will in der Parteizentrale der Sozialisten in der Pariser Rue de Solférino trotzdem nicht aufkeimen. Dass Hollande eine viel zu lange Denk- und Sprechpause einlegte und sein ehedem satter Vorsprung nun langsam zu bröckeln beginnt, gibt Anlass zu großer Sorge. Weitaus beunruhigender ist jedoch die verstörende Profillosigkeit des linken Spitzenkandidaten. Denn die simple Rechnung, lapidar die dürftige Fünfjahres-Bilanz seines Rivalen anzuprangern und am Wahltag ausschließlich von Fehlern und Versäumnissen Sarkozys zu profitieren, geht wohl nicht auf.
Denn die Franzosen wollen vom früheren Parteichef der Sozialisten wissen, welchen Kurs Frankreich mit ihm als Staatspräsident in den kommenden fünf Jahren nehmen würde. Doch bislang erschöpft sich sein Programm in wohlklingenden, aber vagen Versprechen: etwa die Nation zu sammeln und ihr verlorenes Vertrauen zurückzugeben, vor allem aber die enttäuschte Jugend zu fördern.
Hollande, der „Abgeordnete aus Corrèze“, kokettiert er bewusst mit seinem Biedermann-Image: bodenständig und beharrlich zu sein, versöhnend und verlässlich. Doch allzu gerne werden diese freundlichen Charakterzüge ins Lächerliche gezogen. Dann erinnern sie Hollande wieder an seinen alten Spitznamen „Flanby“, einen in Frankreich beliebten Karamellpudding. Selbst seine innerparteiliche Rivalin Martine Aubry verspottete ihn kürzlich als „weichen Linken“. Und der Radikallinke Jean-Luc Mélenchon ätzte jetzt: „Ein Tretboot-Kapitän in Zeiten des Sturms“.
Im Elysée-Palast und der Zentrale der Regierungspartei UMP setzen sie gezielt darauf, gegen den profillosen Hollande den schlagfertigen Krisenmanager und Staatsmann Sarkozy in den Vordergrund zu schieben. Und natürlich: den soeben Papa gewordenen Präsidenten als väterlichen Beschützer der Nation.
Dass Hollande in kleiner Runde mit Journalisten die abfällige Bemerkung entglitt, der Staatschef sei ein „fieser Typ“, ist für das Sarko-Lager ein gefundenes Fressen. In einem Aufschrei der Empörung fordern sie den Sozialisten nun auf, sich beim Staatsoberhaupt in aller Form zu entschuldigen.
Diesmal dürfte es sich jedoch eher um einen Sturm im Wasserglas handeln. Denn Hollande hat Sarkozy nachweislich nur parodiert. Statt um Verzeihung zu bitten, holen die Sozialisten lieber zum Gegenschlag aus und erinnern den Präsidenten an eigene Entgleisungen.