G20-Gipfel: Italien an der kurzen Leine

Das hoch verschuldete Land soll künftig streng vom Währungsfonds kontrolliert werden. Ziel: Ein zweites Athen zu verhindern.

Cannes. Die internationale Krisenfeuerwehr eilt rastlos von Einsatz zu Einsatz. Während es in Griechenland schon gefährlich lodert, unternahm sie auf dem G20-Gipfel in Cannes alles, damit neues Feuer in Italien erst gar nicht ausbricht. Höhere Brandmauern sollen das europäische Haus sicherer machen. Allerdings geben nicht die EU-Spitzen den Ton an, sondern zunehmend der Internationale Währungsfonds (IWF) in Washington.

Eigentlich sollte ein ausgiebiges Arbeitsessen am Donnerstagabend im „Palais des Festivals“ den von Griechenlands Premier Giorgos Papandreou verursachten Chaos-Tag besinnlich und heiter beenden. Doch wie Teilnehmer der hochkarätig besetzten Tafel berichten, wanderten die sorgenvollen Blicke der Mächtigen immer wieder auf die umstehenden Bildschirme, wo die Nachrichtensender pausenlos über die griechische Tragödie informierten. Dann sagte Papandreou das umstrittene Referendum ab, doch trotz aller Erleichterung konnten sie die Champagnerkorken nicht knallen lassen.

Denn nun beugten sie sich in einer spontan einberufenen Krisensitzung über die „Causa Italien“. An der Runde nahmen Angela Merkel, Silvio Berlusconi, Nicolas Sarkozy, Barack Obama sowie die Spitzen von EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) teil. Zwar darf sich Rom einer starken Volkswirtschaft rühmen, aber der traditionelle und verhängnisvolle Drang, über die Verhältnisse zu leben, verursacht schon seit Jahren eine alarmierende Rekord-Schuldenquote von fast 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Damit zählt Rom nach Athen zu den am meisten gefährdeten Wackelkandidaten der Schuldenkrise.

Vorbeugender Brandschutz im Fall Italiens bedeutet: Das Land wird sich künftig der strengen Überwachung des IWF unterwerfen, um verloren gegangenes Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen. Die krisenerprobte Truppe der resoluten französischen Direktorin Christine Lagarde genießt in der Finanzwelt ein weitaus höheres Ansehen als die Kontrolleure aus der EU-Machtzentrale. Die italienische Regierung versuchte in Cannes allerdings krampfhaft, den unfeinen Eindruck zu verwischen, das Land unterwerfe sich jetzt vollends einem harten IWF-Regime. Vielmehr, so hieß es beschönigend, wolle Rom von Fall zu Fall den „Rat“ und die „Meinung“ des IWF einholen. Auch Premier Silvio Berlusconi, in Rom unter starkem innenpolitischen Druck, gab sich selbstbewusst: „Ich frage mich, wenn ich hier so am G20-Tisch sitze, wer könnte Italien besser repräsentieren, wäre ich nicht hier?“

Das Misstrauen der EU gegenüber Italien resultiert aus fortwährend uneingelösten Versprechen Berlusconis. In Cannes verpflichtete sich Italien erneut, die Neuverschuldung rasch zu senken und schon bis 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Die Kontrollen des IWF sollen in einem vierteljährlichen Rhythmus erfolgen.