G20 rüsten zum Kampf gegen Terror
Belek (dpa) - Trotz Differenzen über den Syrien-Konflikt rücken die G20-Staaten im Kampf gegen den Terrorismus zusammen. Nach den blutigen Anschlägen in Paris demonstrierten die großen Industrie- und Schwellenländer zum Abschluss ihres Gipfels in der Türkei am Montag seltene Einigkeit.
Vereinbart wurde, mit koordinierten Aktionen entschlossen gegen islamistische Extremisten vorzugehen. Fortschritte machten die Staats- und Regierungschefs auch in ihren Bemühungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Enttäuschend blieben zwei Wochen vor dem Weltklimagipfel in Paris die Beschlüsse zum Klimaschutz.
US-Präsident Barack Obama lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen. „Ich denke, dass in Europa Menschen wie Kanzlerin Merkel eine sehr mutige Haltung eingenommen haben.“ Er äußerte Verständnis, dass das „eine enorme Belastung“ bedeutet. Er begrüßte die Beschlüsse des Gipfels, die Unterstützung für Flüchtlinge auszuweiten. Er sei froh, „dass wir unsere Herzen diesen Opfern solcher Gewalt nicht verschließen“.
Unter dem Eindruck der „abscheulichen“ Terroranschläge in Paris vereinbarten die G20-Staaten ein Paket mit konkreten Maßnahmen. Dem internationalen Terrorismus soll der Geldhahn zugedreht werden. Um den Strom von Extremisten einzudämmen, die nach Ausbildung und Kampf in Bürgerkriegsländern in ihre Heimat zurückkehren und eine Terrorgefahr darstellen, werden die Grenzen besser kontrolliert. Die Sicherheit im Flugverkehr wird verstärkt. Die Geheimdienste wollen enger zusammenarbeiten und Informationen austauschen. Auch wird gegen Terrorpropaganda im Internet stärker vorgegangen.
Obama sicherte zu, den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ausweiten zu wollen. Er will aber weiter keine größeren Kontingente an Bodentruppen in den Irak und nach Syrien entsenden. „Das wäre ein Fehler.“ Ein militärischer Erfolg ausländischer Bodentruppen wäre nach dem Abzug wieder infrage gestellt.
Die Differenzen mit Russland über Syrien traten deutlich hervor. Obama sieht in der Beendigung des Bürgerkrieges eine Voraussetzung, um die Terrormiliz zurückzudrängen. „Deswegen sind die diplomatischen Bemühungen so wichtig.“ Dagegen plädierte Russlands Präsident Wladimir Putin dafür, vorrangig Streitkräfte bereitzustellen, um gegen die Terroristen anzukämpfen. „Auf dieser Grundlage können wir uns auf eine politische Transformation einigen“, sagte Putin.
Nach einem Treffen mit Putin sagte der britische Premier David Cameron, es gebe weiter eine „tiefe Kluft“ über Syrien, doch sah er auch Zeichen für eine wachsende Kompromissbereitschaft. Differenzen gehe es weiter über die Zukunft von Machthaber Baschar al-Assad. Cameron forderte Putin auf, die Luftangriffe in Syrien klar gegen den Islamischen Staat zu richten. Der Westen wirft Russland vor, eher die Rebellen zu treffen und das Assad-Regime zu stützen.
Die Kanzlerin begrüßte, dass sich die G20 verpflichtet haben, mehr zur Bewältigung der Flüchtlingsströme zu tun. So wollen sie die vor Bürgerkrieg und Terror flüchtenden Menschen stärker schützen und unterstützen. Alle Staaten werden aufgerufen, „die Verantwortung zu teilen“. Genannt werden die Aufnahme von Flüchtlingen und humanitäre Hilfe. Flüchtlinge sollen auch Zugang zu Dienstleistungen, Bildung und Möglichkeiten bekommen, sich eine Lebensgrundlage zu schaffen.
Die Kanzlerin setzt auf eine Einigung der Europäischen Union und dem Haupttransitland Türkei auf Kontingente von Flüchtlingen, die in der EU verteilt werden müssten. Sie bekräftigte, dass Deutschland nicht einseitig eine Obergrenze festlegen könne. Dazu wird sie aus ihrer CDU und CSU gedrängt. Merkel argumentiert, das Grundgesetz kenne keine Obergrenze für Asylbewerber. Für den 4. Februar kündigte Merkel eine Syrien-Flüchtlingskonferenz in London an.
Die Reaktionen auf dem Gipfel waren gemischt. Die G20 hätten mit ihren Beschlüssen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise „mutige neue Impulse“ gegeben, aber die Erwartungen beim Klimaschutz enttäuscht, hieß es von Entwicklungsorganisationen. „Wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg. Das haben die G20-Führer bei den Flüchtlingen gezeigt“, sagte Steve Price-Thomas von Oxfam. Jetzt müssten sie auch bei Fragen wie Klimawandel und Ungleichheit Führungskraft zeigen.
Die G20 stehen für zwei Drittel der Weltbevölkerung und 80 Prozent der globalen Wirtschaftskraft. Ende 2016 übernimmt Deutschland die Präsidentschaft von China und wird im Bundestagswahljahr 2017 den Gipfel ausrichten.