Gaddafi-Prozess wird in Libyen stattfinden

Kairo (dpa) - Einen Monat nach dem offiziellen Sieg über das Gaddafi-Regime hat Libyen eine neue Regierung.

Der Chef der Übergangsregierung, Abderrahim al-Kib, vergab die Schlüsselressorts wie Verteidigung und Inneres an ehemalige Kommandeure der Rebellen, die sich Verdienste beim Sturz von Diktator Muammar el-Gaddafi erworben hatten. Zugleich einigten sich die neue libysche Führung und der Internationale Strafgerichtshof (ICC) am Dienstag, dass dem gefangen genommenen Gaddafi-Sohn Saif al-Islam in Libyen und nicht in Den Haag der Prozess gemacht wird.

Der ICC-Chefankläger Luis Moreno-Ocampo gab bei einem Besuch in Tripolis seine Zustimmung. Zugleich forderte er, dass die Den Haager Richter in das Verfahren einbezogen werden. Das Wichtigste sei, dass Saif al-Islam al-Gaddafi gefasst worden sei und die Zusammenarbeit künftig funktioniere.

Der 39 Jahre alte Sohn des gestürzten Machthabers Muammar al-Gaddafi sowie Ex-Geheimdienstchef Abdullah el-Senussi waren am Wochenende in Libyen gefasst worden. Beide wurden auch mit internationalem Haftbefehl gesucht. Der Internationale Strafgerichtshof wirft den Männern Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Bei einem Prozess in Libyen könnte ihnen die Todesstrafen drohen. Menschenrechtsgruppen hatten deshalb eine Auslieferung nach Den Haag gefordert.

Einer der an der Festnahme von Saif al-Islam beteiligten Milizionäre wurde jetzt als neuer Verteidigungsminister vorgestellt. Osama al-Dschuwali war zuvor Kommandeur der Ex-Rebellen im nordwestlichen Sintan, wo der Gaddafi-Sohn festgehalten wird.

Für das Innenministerium ist Fausi Abdel Aal aus Misrata zuständig, der im Kampf gegen die Gaddafi-Truppen zwei Brüder verloren hat. Die Rebellen aus Misrata hatten besonders viele Opfer zu beklagen und bestanden deshalb darauf, in der neuen Übergangsregierung vertreten zu sein.

Zum Außenminister wurde Aschur bin Chaial ernannt, der in den 80er Jahren als Diplomat in Kanada und Südkorea tätig war. Er soll sich der Opposition aber spätestens 1984 angeschlossen haben.

Die Übergangsregierung soll jetzt den demokratischen Aufbau in Libyen in Angriff nehmen. Sie steht dabei vor einer Reihe von Herausforderungen. Die Regierung muss die Entwaffnung von Milizen durchsetzen, neue Sicherheitskräfte aufbauen und die nationale Aussöhnung nach dem Bürgerkrieg der vergangenen Monaten vorantreiben.

Die neue Regierung soll außerdem Wahlen zum Nationalrat bis Juni kommenden Jahres vorbereiten. Dieser Rat wird dann eine neue Verfassung ausarbeiten und frei Wahlen vorbereiten.

Die späte Bekanntgabe des neuen Kabinetts hatte in Libyen Gerüchte über einen internen Streit zwischen den verschiedenen Gruppen und Stämmen über die Verteilung der Ministerien angeheizt. Ursprünglich war dafür der Sonntag vorgesehen.