Gericht in Nordkorea verurteilt US-Bürger zu Zwangsarbeit

Seoul (dpa) - Inmitten der schweren Spannungen um Nordkoreas Atomprogramm hat das oberste Gericht des Landes einen US-Bürger wegen angeblicher Umsturzversuche zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Der vor sechs Monaten in Nordkorea festgenommene Amerikaner Pae Jun Ho wurde „feindseliger Handlungen gegen die Volksrepublik“ schuldig gesprochen, wie die Staatsmedien am Donnerstag berichteten. Unterdessen schilderten Experten, dass Nordkorea schon bald einen neuen Reaktor in seiner umstrittenen Atomanlage in Yongbyon in Betrieb nehmen könnte.

Der Fall Pae, der in den USA Kenneth Bae genannt wird, belastet zusätzlich die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen beiden Ländern. Das US-Außenministerium forderte eine sofortige Amnestie für den Verurteilten. Dabei verwies Außenamtssprecher Patrick Ventrell auf mangelnde Transparenz in diesem Fall wie im gesamten nordkoreanischen Rechtssystem. Beobachter schlossen nicht aus, dass Pjöngjang den Amerikaner eventuell als Verhandlungskarte nutzen und den Besuch eines US-Gesandten erzwingen könnte.

In den vergangenen Jahren hatte es wiederholt Festnahmen von US-Bürgern in dem weithin abgeschotteten Land gegeben. Sie wurden nach Vermittlungen durch hochrangige amerikanische Gesandte wieder freigelassen.

Was dem Amerikaner koreanischer Herkunft im Detail zur Last gelegt wird, blieb unklar. Südkoreanische Medien hatten berichtet, Pae arbeite als Reiseleiter. Bei seiner Einreise mit einer Gruppe europäischer Touristen im vergangenen November in Rason im nördlichen Teil Nordkoreas sei er festgenommen worden. Bei der Gruppe sei eine Computer-Festplatte gefunden worden.

Auch wurde berichtet, Pae habe bettelnde Kinder im verarmten Nordkorea gefilmt. Laut US-Medienberichten hatte er Verbindungen zu einer Bewegung protestantischer Christen.

Ex-Präsident Jimmy Carter stehe bereit, um erneut als Vermittler nach Pjöngjang zu reisen, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Diplomaten in Washington. Dabei wolle Carter sich nicht nur für die Freilassung von Bae einsetzen, sondern auch auf eine Wiederaufnahme des Dialogs beider Länder hinarbeiten.

Im August 2010 hatte Carter bei einem Besuch in Nordkorea die Freilassung eines inhaftierten Landsmannes erreicht, der wegen unerlaubter Einreise zu acht Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden war. Im Juni 1994 hatte Carter mit Billigung der US-Regierung Nordkorea besucht, um im Atomkonflikt zu vermitteln.

Der Streit um Nordkoreas Atomprogramm hatte sich zuletzt zugespitzt. Angesichts der Ausweitung von UN-Sanktionen wegen seines dritten Atomtests im Februar hatte Pjöngjang den USA mit einem Atomschlag gedroht und den „Kriegszustand“ mit Südkorea ausgerufen.

Das US-Korea-Institut an der Johns-Hopkins-Universität vermutet, dass der nordkoreanische „experimentelle Leichtwasserreaktor“ (ELWR) in Yongbyon kurz vor der Fertigstellung steht. Satellitenbilder hätten gezeigt, dass die letzten Außenarbeiten an dem Reaktor ausführt werden, hieß es auf der Website „38 North“ des Instituts.

Zwar scheine es, dass der Reaktor in erster Linie der Stromerzeugung dienen solle. Doch sei auch die Produktion von Plutonium zum Bau von Atomwaffen möglich. Falls Nordkorea über den nötigen Kernbrennstoff verfüge, könnte die Startphase bereits in den nächsten Wochen beginnen. In der Anlage zur Urananreicherung in Yongbyon könnte Nordkorea bereits ausreichend niedrig angereichertes Material produziert haben, um den Reaktor damit mehrere Jahre zu betreiben. Das sei jedoch unklar.