Gerichtshof: Frankreich kann Vollschleier weiterhin verbieten
Straßburg (dpa) - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in einem europaweit maßgeblichen Urteil das Verbot des Ganzkörperschleiers in Frankreich gebilligt. Die Richter wiesen am Dienstag in Straßburg die Beschwerde einer französischen Muslimin in allen Punkten zurück.
Das Verbot sei keine Diskriminierung, es verstoße nicht gegen den Schutz des Privatlebens und auch nicht gegen die Meinungs- und Religionsfreiheit, hieß es zur Begründung.
Mit dem Verbot habe Frankreich die Bedingungen des gesellschaftlichen Miteinanders festgelegt, was ein legitimes Ziel sei. Zusätzlich bescheinigten die Richter den Nationalstaaten„ in dieser Frage der Grundsätze des gesellschaftlichen Miteinanders einen breiten Ermessensspielraum“.
Damit steht es Ländern in Europa frei, den Ganzkörperschleier zu verbieten. Klagen vor dem obersten Menschenrechts-Gericht müssen sie nicht befürchten. Schließlich sind die Entscheidungen des Straßburger Gerichtshofes bindend für die Europaratsstaaten. Das französische Verbot, das Gesicht in der Öffentlichkeit zu verschleiern, gilt seit 2011, Verstöße werden mit einer Geldstrafe von 150 Euro bestraft. Für die Regierung in Paris verstößt der Vollschleier gegen die Gleichberechtigung. Gegen das Urteil ist keine Berufung möglich.
Die französische Klägerin im aktuellen Fall, eine 24-Jährige, wollte anonym bleiben. Nach Angaben ihrer Anwälte fürchtet sie „mögliche feindselige Reaktionen“. Der Vollschleier sei Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung, und niemand, weder ihr Ehemann noch ihre Familie, übten irgendeinen Druck auf sie aus, sagte ihr Anwalt Ramby de Mello bei der Anhörung des EGMR 2013.
Das französische Innenministerium schätzt, dass etwa 2000 Frauen in Frankreich von dem Verbot betroffen sind. In dem Gesetz, das unter dem damaligen konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy beschlossen wurde, wird die islamische Vollverschleierung nicht explizit erwähnt.
Es verbietet aber, auf der Straße und an anderen öffentlichen Orten Kleidung zu tragen, „die dazu bestimmt ist, das Gesicht zu verbergen“ - also etwa eine Burka oder den arabischen Nikab, einen Schleier mit kleinem Sehschlitz. Die Kampagne für dieses Gesetz stand unter dem Motto „In der Republik bleibt das Gesicht unverhüllt“. Ausnahmen wurden zugelassen - für Motorradfahrer mit Helmen, für Sportler und für Künstler, die sich maskieren.
Auch Belgien hat ein Burka-Verbot erlassen. In Deutschland hält man sich weitgehend zurück. In Hessen wurde allerdings 2011 präzisiert, dass das seit 2004 geltende Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst auch für Burkas gilt.