Gül kritisiert deutsches Einwanderungsrecht
Berlin (dpa) - Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül hat die deutsche Einwanderungspolitik kritisiert. Das 2007 verschärfte Einwanderungsrecht widerspreche den Menschenrechten, sagte Gül am Samstag in einem Interview des ZDF.
„Ich empfinde diese Politik als ungerecht.“ Sie stehe nicht im Einklang mit dem Gedanken einer fortschrittlichen Demokratie. Seit August 2007 dürfen Braut oder Bräutigam nur zu ihren in Deutschland lebenden Gatten nachziehen, wenn sie Deutschkenntnisse nachweisen.
Gül forderte zugleich seine Landsleute in Deutschland auf, besser Deutsch zu lernen. „Sie sollten die Sprache akzentfrei beherrschen. Die Sprache ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration in die Gesellschaft.“
Der türkische Präsident beginnt am Montag einen dreitägigen Staatsbesuch in Deutschland. Zum Auftakt wird er mit militärischen Ehren von Bundespräsident Christian Wulff im Schloss Bellevue empfangen. Am Dienstag trifft er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen.
Wulff dankte am Samstag den Türken in Deutschland für ihren Beitrag zum deutschen Wohlstand. „Einwanderer aus der Türkei haben Deutschland vielfältiger, offener und der Welt zugewandter gemacht“, sagte der Bundespräsident der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag). Er sehe in einem weiteren Ausbau der deutsch-türkischen Beziehungen „ein großes Potenzial“ für beide Länder.
Der Berliner Integrationsforscher Prof. Klaus J. Bade betonte im Vorfeld des Besuchs die besondere Bedeutung von Bildung und Ausbildung bei der Integration der türkischen Bevölkerung in Deutschland. „Die Investitionen in die Bildung sind auch allgemein viel zu gering“, sagte Bade der Nachrichtenagentur dpa. Der jüngste Bericht der OECD habe dies erneut bestätigt. „Man sollte auf Integrationsprobleme nicht mit Panik reagieren, sondern mit Innovationen und Investitionen.“