In Pakistan blühen dieVerschwörungstheorien

Nur eine Minderheit glaubt, dass Osama bin Laden von US-Soldaten getötet wurde.

Islamabad. Syed Danyal Haider gehört zur schrumpfenden Schicht der Wohlhabenden in Pakistan. Der 21-Jährige sitzt in Islamabad in einem alkoholfreien Irish-Pub-Imitat, zu dem der Eintritt umgerechnet zwei Euro kostet, etwas weniger als der Tageslohn eines Bauarbeiters. Haidar will gehört haben, dass sich zum Schutz Osama bin Ladens 300 Islamisten unter das Skalpell plastischer Chirurgen gelegt hätten, sie alle sähen nun aus wie der Al-Kaida-Chef.

Insofern ist der angehende Wirtschaftsprüfer alles andere als überzeugt davon, dass die USA Bin Laden getötet haben — statistisch müsste es sich eher um einen Doppelgänger gehandelt haben.

Haiders Verschwörungstheorie ist nicht die einzige, die durchs Land geistert. Die meisten Pakistaner meinen inzwischen zwar, dass Bin Laden tot ist. Sie glauben aber nicht, dass er bei der US-Kommando-Operation in ihrem Land erschossen wurde.

Nach einer Umfrage des Senders Geo TV gehen nur neun Prozent davon aus, dass diese Angaben zu Bin Ladens Tod stimmen. 61 Prozent der Befragten lehnen sie als falsch ab, die restlichen 30 Prozent haben zumindest Zweifel. Die Bedenken werden genährt von der Weigerung der US-Regierung, Bilder des Toten zu veröffentlichen. Die Verschwörungstheorien zeigen ein ernstes Problem auf: Die Pakistaner misstrauen nicht nur der amerikanischen, sondern auch ihrer eigenen Regierung zutiefst.

Zu Bin Laden geht eine Theorie so: Er habe eine Sprengstoffweste getragen und diese vor oder aber nach seiner Festnahme in Abbottabad gezündet. Wer an letztere Fassung glaubt, führt darauf auch zurück, dass einer der US-Hubschrauber bei der Operation zerstört wurde. Bin Laden sei dabei zerfetzt worden, weshalb es auch keine Fotos gebe.

In einer anderen Version heißt es, Bin Laden sei schon vor Jahren gestorben — jedenfalls unter US-Besatzung. Wie dann die Anwesenheit der Witwen Bin Ladens in Abbottabad zu erklären sei? „Sind sie wirklich die Witwen von Osama bin Laden?“, kontert etwa der 22-jährige Shahrukh Munir.

Bin Ladens früher Tod sei von Washington geheim gehalten worden, so geht die These weiter. Jedenfalls hätten die USA nun die Operation inszeniert, um den Sieg über den Top-Terroristen zu verkünden. Der Zeitpunkt sei gewählt worden, um die Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama zu garantieren.