Iren stärken mit Ja-Votum zum Fiskalpakt die Eurozone
London/Dublin (dpa) - Gutgegangen! Ganz Europa hatte gebannt nach Irland geblickt. Sollte der Wackelkandidat aus dem Nordwesten erneut einen wichtigen EU-Vertrag gefährden? Diesmal war auf die Iren Verlass.
Die Menschen in Irland haben dem europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin und damit dem Spardiktat in der EU zugestimmt. Und das mit einer 60:40-Mehrheit, die am oberen Ende der Erwartungsskala liegt. Das große Ja-Lager mit den Regierungsparteien Fine Gael und Labour und der Opposition von Fianna Fail kann aufatmen - und mit ihm Europa. Ein Nein-Votum im kleinen Irland hätte wohl eine verheerende Wirkung in der großen EU entfaltet und das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung Euro noch stärker erschüttert. „Europa kann jetzt seine Regeln des guten Haushaltens einführen“, sagte Premierminister Enda Kenny.
Wenn der erklärte Euro-Gegner und Nein-Sager Declan Ganley von einem „zähneknirschenden“ Ja-Votum seiner Landsleute spricht, dann mögen ihn viele als schlechten Verlierer sehen. Vermutlich trifft der skurrile Unternehmer und Hobby-Wahlkämpfer aber des Pudels Kern. Die Iren, seit Jahren mit sieben Sparhaushalten in Folge von ihrer Regierung gepeinigt, wollen eigentlich gar nicht mehr sparen.
Premierminister Enda Kenny sprach am Freitag nach der Auszählung von „großen Opfern“, die seine Landsleute gebracht hätten. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die schon kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses mit Kenny telefonierte, meint, der Fiskalpakt und da Sparprogramm der Regierung brächten den Iren „Einschnitte und Härten“. Deshalb hätten sie besondere Anerkennung verdient.
Wie sehr den Menschen in Irland die ständige Diskussion um Euro, Banken und Anleihezinsen auf den Wecker geht, mag die magere Wahlbeteiligung von nur wenig mehr als 50 Prozent belegen. Sie müssen höhere Einkommens- und Mehrwertsteuern zahlen. Sogar für Trinkwasser, das auf der Grünen Insel traditionell kostenlos fließt, müssen sie nun zahlen. Eine Grundsteuer für Häuser, bisher ebenfalls in Irland unbekannt, wird schrittweise eingeführt. Die Schraube zieht die Regierung zu einer Zeit an, in der bei vielen die Hypotheken schwer auf die Geldbörsen drücken. Die Häuser, für die sie einst hohe Kredite aufgenommen haben, sind oft nur noch die Hälfte wert wie vor der schweren Finanz- und Bankenkrise seit 2008. Zins und Tilgung für die Darlehen sind aber genauso hoch.
Dennoch: Mit dem Ja zum Fiskalpakt haben sie sich das Spardiktat nun selbst zum Gesetz gemacht. Und dafür gibt es aus Sicht der Regierung von Premier Kenny und auch der großen Oppositionspartei Fianna Fail einen einfachen Grund: Irland könnte - wenn es schlecht läuft - Ende 2013 ein zweites Mal Rettungsmilliarden der internationalen Gemeinschaft brauchen. Die müssten dann vom neuen Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM) kommen. Und darauf haben nur Länder Anspruch, die beim Stabilitätspakt mitmachen. Umgekehrt stärkt das Votum auch das Vertrauen für Investoren im Unternehmenssteuer-Paradies Irland. Und auf die ist das Land in hohem Maße angewiesen.
Für die Europäische Führungsriege und vor allem für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist das Ja aus dem bei EU-Referenden schon häufig wackeligen Irland ein Segen. Irland ist das einzige Land, das zum Stabilitätspakt sein Volk befragt. Auch wenn es nur ein kleines Land ist: Die Iren haben mit überwältigender Mehrheit Ja gesagt. Ein umgekehrtes Ergebnis hätte zwar keine unmittelbare Auswirkungen entfaltet - nur zwölf Euroländer müssen ratifizieren, um dem Fiskalpakt Leben einzuhauchen. Es hätte aber eine verheerende Signalwirkung gehabt und möglicherweise neue Instabilität in die Euro-Zone gebracht.