Islamistische Terroristenrücken auf Bagdad zu

Die Kämpfer kontrollieren immer mehr Region im Irak. Hunderttausende sind auf der Flucht.

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Bagdad. Knapp 100 Kilometer von Mossul entfernt ist von dem Vormarsch terroristischer Brigaden im Irak nichts zu spüren. Alles sei wie immer, keine Flüchtlinge, keine zusätzlichen Checkpoints, berichten Bewohner der Stadt Erbil — die in den kurdischen Autonomiegebieten des Iraks liegt und von Milizen und Sicherheitskräften der Kurden, den „Peschmerga“, abgeschirmt sind. Doch die Furcht vor einem Einmarsch der Dschihadisten der Gruppe Islamischer Staat im Irak und Syrien (Isis) wächst.

Denn im übrigen Irak sieht die Lage anders aus. Die schwer bewaffneten Extremisten rücken immer näher an Bagdad heran. Sie kontrollieren große Teile der Regionen Ninive, Anbar und Salah ad-Din nordöstlich der Hauptstadt — kurzzeitig auch den strategisch wichtigen Ort Baidschi. Die Stadt rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad verfügt über eine Ölraffinerie und das größte Elektrizitätswerk des Landes, das auch die Hauptstadt mit Strom versorgt.

Die Bedrohung durch die selbst ernannten Gotteskrieger lässt alte Rivalen zusammenrücken: die irakische Zentralregierung und die Kurden im Nordirak. Bagdad und die Autonomieregion streiten seit Jahren wegen Gebietsansprüchen der Kurden — zum Beispiel auf die erdölreiche Stadt Kirkuk. Im Zwist mit dem Norden ließ die Zentralregierung Bagdad sogar schon Panzer auffahren.

Die Isis-Kämpfer zählen zu den radikalsten Sunnitengruppen, die im arabischen Raum für einen Gottesstaat kämpfen. Für die irakische Führung nun offenbar Grund genug für die Erklärung, ihre Militärkräfte mit denen der kurdischen Regionalregierung verbinden zu wollen. Irakische Medien berichteten bereits über Kooperationen zwischen irakischen Sicherheitskräften und „Peschmerga“.

Das Vorgehen der Islamisten löste derweil international Entsetzen und Besorgnis aus. Allein aus Mossul flohen nach dem Sturm der Isis-Kämpfern rund 500 000.

Die Islamisten nahmen in der Stadt auch den türkischen Konsul als Geisel — insgesamt sollenn 48 Menschen in der Gewalt von Terroristen sein. Unter den Geiseln seien auch Kinder und Konsulatsmitarbeiter. Der türkische Außenminister Ahmed Davutoglu brach wegen der Geiselnahme seine USA-Reise ab.