Jemens Präsident will Waffenruhe, kein Rücktritt
Sanaa/Istanbul (dpa) - Präsident Ali Abdullah Salih ist nach dreimonatiger Abwesenheit in den Jemen zurückgekehrt. Nach seiner Ankunft in Sanaa am Freitag machte der umstrittene Staatschef gleich klar, dass er nicht an einen Rücktritt denkt.
Stattdessen bot der 69-Jährige der Opposition Verhandlungen an. Die Bundesregierung erklärte, Salih müsse den Weg für einen Neuanfang freimachen. „Es steht zu befürchten, dass der Jemen in Chaos und Unregierbarkeit abgleitet“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Salih traf nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Saba im Morgengrauen in der Hauptstadt ein. Bewohner von Sanaa berichteten, Soldaten der loyal zu Salih stehenden Einheiten hätten am Morgen eineinhalb Stunden lang Freudenschüsse abgegeben, nachdem sich die Nachricht von seiner Ankunft herumgesprochen hatte. Nach dem Freitagsgebet gingen mehr als 200 000 Salih-Gegner auf die Straße. Sie riefen: „Salih muss vor Gericht gestellt werden.“
Der Präsident rief seine Anhänger und die Opposition auf, unverzüglich eine „Waffenruhe“ zu vereinbaren. „Dies wird den Weg für eine Einigung und für den Zusammenhalt aller politischen Akteure ebnen“, sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Saba. „Die Lösung kommt nicht aus den Mündungen der Gewehre, sondern durch Dialog und Verständigung, wir sollen Menschenleben schonen, wir sollen Sicherheit und Stabilität sichern.“
Die Agentur kündigte eine „Grundsatzrede“ des Präsidenten an das Volk für den kommenden Montag an. Salih war in Saudi-Arabien wegen Verletzungen behandelt worden, die er im Juni bei einem Bombenanschlag in Sanaa erlitten hatte.
Auf einen Vorschlag der Golfstaaten für einen friedlichen Machtwechsel, der ihm und seiner Familie Straffreiheit garantiert hätte, ging Salih in seiner Erklärung vom Freitag nicht ein. Salih ist seit 1978 im Amt.
Die Protestbewegung im Jemen, die seit Februar für seinen Rücktritt demonstriert, hatte ihm in den vergangenen Wochen vorgeworfen, er versuche, einen Bürgerkrieg anzuzetteln, um sich hinterher als Retter zu präsentieren.
Seit Sonntag sollen bei Gefechten zwischen Salihs Truppen und Einheiten, die auf den Befehl von oppositionellen Stammesführern und Generälen hören, in der Hauptstadt rund 100 Menschen getötet worden sein. Nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Arabija nahmen Salihs Truppen am Freitagmorgen Ziele im Stadtviertel Al-Hasaba unter Beschuss. Zuvor waren Gefechte aus der Stadt Tais gemeldet worden.