Analyse: Palästinenser setzen alles auf eine Karte
Am Freitag soll ein eigener Staat bei den UN beantragt werden. Die Chancen sind aber gering.
New York. Wie schwierig der Nahostkonflikt ist, sehen erstaunte New Yorker derzeit an der 47. Straße. Ein paar Minuten von den Vereinten Nationen entfernt protestieren ein paar Dutzend Juden — gegen Israel. Die Orthodoxen wollen keinen jüdischen Staat vor einer Ankunft des Messias, gleichzeitig fordern sie aber die „Befreiung“ der Region von den Palästinensern. Der Konflikt ist festgefahren, im Nahen Osten ebenso wie in New York, das derzeit mit der UN-Vollversammlung wieder die Welthauptstadt der Politik ist. Kompromissvorschläge gibt es, doch es regieren vor allem Emotionen.
Die Palästinenser wollen einen eigenen Staat und (fast) jeder unterstützt sie dabei. Am Freitag will Mahmud Abbas, Präsident der Autonomiebehörde, in der UN-Vollversammlung zu den Abgesandten der 193 UN-Mitgliedsstaaten sprechen und danach sofort beantragen, dass Palästina der 194. wird. Entsprechend sieht man die magische „194“ in Ramallah und Gaza, aber auch in New York auf palästinensischen Fahnen und Ansteckern.
Doch die USA wollen Gegenleistungen: Kein Staat, solange es keine Friedenslösung mit Israel gibt. „Die Wahrheit ist, dass jede Seite ein Recht hat“, sagte Präsident Barack Obama in der Vollversammlung, die Palästinenser das Recht auf einen Staat, die Israelis das Recht auf Sicherheit.
Es liegen durchaus Kompromissvorschläge auf dem Tisch. Einer kam inoffiziell: Die Palästinenser reichen ihren Antrag auf Vollmitgliedschaft am Freitag offiziell ein, bei den UN kommt er aber auf Wiedervorlage, bis eine zumindest grobe Einigung mit Israel erreicht ist. Der zweite Vorschlag kam von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der umgehend neue Verhandlungen forderte. Außerdem sollen sich die Palästinenser vorerst nur mit einer Aufwertung ihres UN-Status’ zum Beobachterstaat begnügen. Damit könnten sie sich immerhin in internationale Gremien wählen lassen und hätten in der Vollversammlung Rede-, wenn auch kein Stimmrecht.
Solch einen Status hat derzeit nur der Vatikan, aber auch die Bundesrepublik musste mehr als 20 Jahre damit leben, bevor sie 1973 Vollmitglied der Vereinten Nationen wurde.