Kandidaten-Karussell der Kardinäle
Einen klaren Favoriten gibt es nicht. Vor allem in Südamerika und Afrika wachsen die Hoffnungen.
Rom. Der päpstliche Paukenschlag ist kaum verhallt, schon wird weltweit über den Nachfolger spekuliert. Wer könnte Benedikt XVI. auf dem Stuhl Petri ablösen? Und von welchem Kontinent kommt das nächste Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche?
Am Tag nach der überraschenden Ankündigung Joseph Ratzingers (85), seine Bürde als Papst abzulegen, fallen viele Namen möglicher Kandidaten. Dabei wird sich das Karussell der Kardinäle noch bis zu der Papstwahl im März drehen — mit womöglich wechselnden Favoriten.
Falls überhaupt wieder ein Europäer Chancen haben sollte, gilt neben anderen der Wiener Erzbischof und Theologe Christoph Schönborn (68) als möglicher Nachfolger. Als starke Fraktion werden aber auch wieder die Italiener gehandelt, die 28 Kardinäle stellen. Der Topfavorit unter ihnen ist wohl der Mailänder Erzbischof Angelo Scola (71).
Mit der Wahl setzen die 118 Kardinäle auch inhaltliche Akzente: Liegt ihnen mehr eine Reform der Kurie am Herzen oder eine stärkere Öffnung hin zu anderen Kontinenten?
Das Bewerberprofil laufe auf einen starken und wohl auch jüngeren Papst hinaus, orakeln die Vatikan-Experten der „La Repubblica“. Doch es dürfte noch weit mehr Kriterien geben. Etliche Kardinäle zeichneten sich durch Charisma aus, „im Moment sticht allerdings noch niemand hervor“, halten die Vatikan-Kenner der „La Stampa“ fest.
Auch wenn die Europäer in dem Kollegium der wahlberechtigten Kardinäle noch die Mehrheit haben, würde ein afrikanischer, lateinamerikanischer oder asiatischer Pontifex niemanden überraschen. Die Katholiken außerhalb Europas machen sich große Hoffnung, dass einer von ihnen das Rennen macht. Im Gegensatz zu Europa wächst bei ihnen die Zahl der Gläubigen.
Aus Afrika gelten mehrere Kandidaten als „papabile“. Gute Chancen werden dem nigerianischen Kardinal Francis Arinze (80) eingeräumt. Deutlich jünger ist Kurienkardinal Peter Turkson (64) aus Ghana. Die Lateinamerikaner setzen auf den Brasilianer Pedro Odilo Scherer (63) oder den Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio (76).
Der neue Papst braucht gleich aus mehreren Gründen eine deutliche Mehrheit. Zum einen geht es um die Einheit der Kirche, die Benedikt in Gefahr sah und die der scheidende deutsche Papst stabilisieren wollte. Zudem war es Benedikt selbst, der festlegte, dass bei einer Papstwahl eine Zweidrittel-Mehrheit der Stimmen notwendig ist. Es gilt daher als wahrscheinlich, dass es dauern wird, bis der weiße Rauch zur erfolgten Wahl aufsteigen wird.