Karsai fordert Hilfe bis mindestens 2024

Bonn (dpa) - Kurz vor der Afghanistan-Konferenz in Bonn hat der Präsident Karsai finanzielle Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft bis mindestens 2024 gefordert. Das Geld werde vor allem für den weiteren Aufbau der Armee, der Polizei und der staatlichen Institutionen benötigt, sagte er dem „Spiegel“.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle sicherte Afghanistan zwar Finanzhilfe für die Zeit nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen 2014 zu. Auf eine Summe oder einen Zeitraum für die Unterstützung wollte er sich am Samstag allerdings nicht festlegen. „Aber ich halte es für erforderlich und auch für richtig, dass die internationale Gemeinschaft auch über 2014 hinaus eine handfeste, auch finanzielle Solidarität mit Afghanistan zeigt.“

Die internationale Gemeinschaft pumpt seit Jahren Milliardenbeträge nach Afghanistan. Dennoch gehört das Land zu den zehn ärmsten Staaten der Welt. Deutschland ist nach den USA und Japan das drittgrößte Geberland. Alleine in diesem Jahr stellte die Bundesregierung 430 Millionen Euro an Entwicklungs- und Wiederaufbauhilfe zur Verfügung. Für den Bundeswehreinsatz wurde zudem etwa eine Milliarde Euro veranschlagt.

Karsai sagte, Afghanistan stehe nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen 2014 „mehr denn je an der Frontlinie“ im Kampf gegen den Terrorismus. „Wenn wir diesen Kampf verlieren, droht uns allen ein Rückfall in eine Situation wie vor dem 11. September 2001.“

Karsai war am Freitag zur internationalen Afghanistan in Bonn eingetroffen. Am Montag wollen dort 85 Staaten und 16 internationale Organisationen über die Zukunft Afghanistans nach 2014 beraten. Der erste Entwurf für die Abschlusserklärung steht bereits. Konkrete finanzielle Zusagen sollen darin aber nicht gemacht werden.

Überschattet wird die Konferenz von der Absage Pakistans. Pakistan boykottiert die Konferenz wegen eines Nato-Angriffs auf Armeeposten, bei dem 24 pakistanische Soldaten getötet worden sein sollen.

„Nicht an der Konferenz in Bonn teilzunehmen, ist kein Signal an Deutschland“, versicherte Khar in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“. „Aber der Vorfall ist einfach zu schwerwiegend.“

Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte Unverständnis. „Pakistan hat von einer guten Entwicklung in der Region und einem stabilen, friedlichen Afghanistan mehr zu gewinnen als jeder andere Nachbarstaat Afghanistans. Wer nicht kommt, kann seine Anliegen und Gesichtspunkte nicht direkt einbringen“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Der Erfolg der Konferenz hänge aber nicht von der Teilnahme eines Landes ab.

Karsai warf dem Nachbarland Pakistan vor, Friedensgespräche mit den Taliban zu behindern. „Bisher haben sie leider jede Hilfe beim Zustandekommen von Verhandlungen mit der Taliban-Führung verweigert“, sagte er. Bestimmte Kreise dort wollten sich durch die Taliban auch künftig Einfluss in Afghanistan sichern. „Solange sich das nicht ändert, wird es wohl keine Gespräche geben.“

Der pakistanische Militärgeheimdienst ISI arbeitet nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung direkt mit Aufständischen in Afghanistan zusammen. Die Zeitung berichtete in ihrer Samstagausgabe unter Berufung auf einen französischen Geheimdienstbericht vom 7. Februar, der ISI solle ein Netzwerk von Terroristen aufgefordert haben, Autos und Uniformen der afghanischen Armee und Polizei zu beschaffen. Sie sollten bei Selbstmordanschlägen genutzt werden.

Das Blatt zitierte außerdem den „Geheimdienst der US-Luftwaffe“, wonach die pakistanische Regierung Terroristen nach Afghanistan einschleust. „Im Juli 2011 gab es Berichte, dass 1250 Taliban vom pakistanischen Geheimdienst ISI trainiert und nach Afghanistan geschickt wurden“, heiße es in einem geheimen Papier.

Rund 2000 Menschen demonstrierten am Samstag in Bonn gegen den Krieg am Hindukusch. Die Polizei war mit 4000 Beamten im Einsatz, größere Zwischenfälle gab nach ihren Angaben nicht. Die Beteiligung blieb hinter den Erwartungen zurück. Veranstalter und Polizei hatten mit 6000 Teilnehmern gerechnet.

Auf der Schlusskundgebung wurde der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele von einer Demonstrantengruppe mit Eiern beworfen. Sie schleuderte dem langjährigen Gegner des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan zu Beginn seiner Rede die Worte „Blut, Blut, Blut an den Händen“ entgegen. Ströbele erlitt einen Schnitt an der Nase.