Korruptionsaffäre erschüttert Tschechien

Prag (dpa) - Nach der Rücktrittsankündigung von Ministerpräsident Petr Necas hat in Tschechien die Suche nach einem Ausweg aus der Regierungskrise begonnen.

Der Chef der Mitte-Rechts-Regierung musste nach drei Jahren im Amt zurücktreten, da seine engste Vertraute in einen spektakulären Bespitzelungs- und Bestechungsskandal verwickelt ist. Die Kabinettschefin Jana Nagyova und sechs weitere Personen sitzen seit dem Wochenende in Untersuchungshaft.

Als möglicher Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten wird Industrieminister Martin Kuba von Necas' Bürgerpartei ODS gehandelt. „Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen“, sagte Kuba angesichts der schweren innenpolitischen Krise.

Nagyova wird unter anderem vorgeworfen, den Militärgeheimdienst zur Bespitzelung von Necas' getrennt lebender Frau missbraucht zu haben. Necas und Nagyova wird ein nicht nur dienstliches Verhältnis nachgesagt. Der 48-Jährige wollte noch am Montagabend sein Rücktrittsgesuch bei Präsident Milos Zeman einreichen.

Der in Tschechien beispiellose Skandal war am Donnerstag öffentlich geworden. Auslöser war eine spektakuläre Großrazzia der Polizei mit rund 400 Beamten in der Prager Staatskanzlei, dem Verteidigungsministerium sowie in Privathäusern. Präsident Zeman legte Necas daraufhin indirekt den Rücktritt nahe. Erst stemmte Necas sich vehement dagegen, warf aber dann doch das Handtuch.

Die oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) pochten am Montag auf baldige Neuwahlen. „Es gibt keinen Grund, die erfolglosen konservativen Parteien erneut mit der Regierungsbildung zu beauftragen“, sagte ihr Vorsitzender Bohuslav Sobotka. Der linksgerichtete Präsident Zeman kann den Regierungsauftrag nun neu vergeben. Denkbar ist aber auch die Bildung einer überparteilichen Übergangsregierung. Alternativ könnte das Abgeordnetenhaus mit seiner Selbstauflösung den Weg für Neuwahlen freimachen.

Nach Ansicht von Beobachtern stärkt die aktuelle Krise deutlich die Machtposition Zemans, den das Volk im Januar als ersten Präsidenten direkt gewählt hatte. „In seiner Wahlkampagne setzte der Präsident auf den Slogan "Stoppt diese Regierung"“, unterstrich der Politologe Lubomir Kopecek im Sender CT24.

„Wir müssen eine Lösung finden, die nicht nur für die bestehende Koalition, sondern auch für den Präsidenten der Republik annehmbar ist“, fasste der Konservative Kuba die Herausforderung zusammen. „Wir werden nicht jeden Namen akzeptieren“, warnte Finanzminister Miroslav Kalousek vom Koalitionspartner TOP09.