Krim-Krise: Sanktionen und Milliardenhilfe
Ein Gipfel der EU will Finanzspritzen für Kiew beschließen. Zudem soll der Druck auf Moskau wachsen.
Brüssel. Was beim EU-Gipfel in Vilnius im November noch völlig undenkbar war, wird nun kurzerhand auf den Tisch gelegt. Brüssel bietet der Ukraine eine Milliardenhilfe mit der Option an, das zwischen Ost und West zerrissene Land an die EU zu binden.
Bei einem eilig einberufenen EU-Sondergipfel zur Krim-Krise entscheiden die Staats- und Regierungschefs heute über eine Finanzspritze von insgesamt elf Milliarden Euro.
Sie sprechen aber auch über die vor allem von den USA geforderten Sanktionen gegen Russland. Welche Sanktionen gegen Moskau beschlossen werden könnten, war nach Angaben von Diplomaten umstritten.
Die pro-westliche Regierung in Kiew wirft Russland vor, mit Tausenden Soldaten die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim unter ihre Kontrolle gebracht zu haben. Russlands Präsident Wladimir Putin bestreitet, dass es sich bei diesen um russische Soldaten handelt.
Die EU sorgt sich um die Sicherheit auf dem Kontinent. „Dies ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass wir in Europa wieder eine wirkliche Gefahr für die Stabilität und sogar für den Frieden spüren“, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Der Portugiese zeigte sich am Mittwoch zuversichtlich, dass der EU-Sondergipfel das Hilfspaket für Kiew billigen werde. Es besteht aus gut drei Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt sowie insgesamt acht Milliarden Euro der Europäischen Investitionsbank sowie der Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD).
Die EU hatte vor einem Gipfeltreffen in Vilnius die Bitte des mittlerweile abgesetzten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch um größere Finanzhilfe abgelehnt. Daraufhin hatte Janukowitsch das geplante Assoziierungsabkommen mit der EU platzen lassen und von Putin Zusagen über elf Milliarden Euro bekommen.
In der Ukraine brachen Massenproteste gegen den Kurswechsel der Staatsführung aus. Der Kreml nahm seine Zusagen zurück, als die damalige ukrainische Regierung auf Druck der pro-westlichen Demonstranten zurücktrat.
Zu Beginn des Brüsseler Krisentreffens ist der neue ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk Gast der Gipfelrunde. Die Staats- und Regierungschefs wollen eine einheitliche Linie zu möglichen Sanktionen gegen Russland finden. Die EU-Außenminister hatten am Montag die „klare Verletzung der ukrainischen Souveränität und territorialen Unversehrtheit durch Aggressionsakte der russischen Streitkräfte“ verurteilt.
„Ohne deeskalierende Schritte Russlands“ seien Sanktionen wahrscheinlich. Als Beispiele wurden die Aussetzung von Gesprächen über Visaerleichterungen, über ein neues Rahmenabkommen EU-Russland und „gezielte Maßnahmen“ wie Einreiseverbote und Kontensperrungen genannt.
Die Gipfelberatungen in Brüssel dürften sich vor allem um die Frage drehen, ob ein Dialog mit Russland sowie zwischen Russland und der Ukraine durch Sanktionen gefördert oder unmöglich gemacht wird. Die USA plädieren auch gegenüber der EU für einen klaren Sanktionskurs.
Die Versuche maßgeblicher Außenminister zur Bildung einer Kontaktgruppe für die Ukraine sind allerdings vorerst gescheitert. „Wir sind noch nicht soweit, uns auf ein gemeinsames Format für Gespräche über mittel- und langfristige Lösungen zu verständigen“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach einem Treffen mit westlichen und dem russischen Kollegen.
Derweil ist der UN-Sondergesandte Robert Serry auf der Schwarzmeer-Halbinsel von einer Gruppe teils bewaffneter Männer bedroht worden. Diese hätten Serry aufgefordert, zum Flughafen zu fahren und die Krim zu verlassen, sagte der stellvertretende UN-Generalsekretär Jan Eliasson. Zudem hat der russische Außenminister Sergej Lawrow das Außenministerium in Paris verlassen, ohne seinen ukrainischen Amtskollegen getroffen zu haben.